Gottesanbeterin: Wir gefährlich sind Mantiden wirklich?
- Veröffentlicht: 04.09.2023
- 10:17 Uhr
- Claudia Frickel
Männliche Gottesanbeterinnen werden meist nach der Paarung vom Weibchen verspeist. Die Insekten haben noch mehr Besonderheiten zu bieten - zum Beispiel ihr bizarres Aussehen mit dem dreieckigen Kopf.
Gottesanbeterin: Das musst du zu den Insekten wissen
Gottesanbeterinnen heißen auch Fangschrecken oder Mantiden. Die großen Insekten leben auf allen Kontinenten - nur nicht in der Antarktis.
Gottesanbeterinnen sind vor allem in subtropischen und tropischen Gebieten daheim. Weil es durch den Klimawandel in kühleren Gebieten wärmer wird, haben sie sich ausgebreitet. Bei uns wohnt nur die geschützte Europäische Gottesanbeterin.
Mit dem dreieckigen Kopf, den großen Augen und den sehr langen Fühlern sieht die meist grüne Gottesanbeterin ein wenig aus wie ein Alien. Noch dazu ist sie mit bis zu acht Zentimetern Länge ziemlich groß. Das entspricht etwa der Breite eines Apfels.
Ihren Namen haben die Insekten wegen einer bestimmten Pose bekommen. Wenn sie auf der Lauer liegen, sehen sie aus, als würden sie beten.
Wenn Fangschrecken zuschlagen, sind sie allerdings blitzschnell und packen mit ihren Fangbeinen zu. Dieses Schicksal kann obendrein den Männchen drohen - aber nicht bei jeder Paarung.
Die Europäische Gottesanbeterin im Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Mantis religiosa
Ordnung: Fangschrecken
Familie: Mantidae
Lebensraum: ursprünglich Afrika, inzwischen zusätzlich im Mittelmeer-Raum, großen Teilen Asiens sowie Teilen Nordamerika. Nördlich der Alpen bisher nur in vereinzelten Regionen
Größe: Weibchen bis acht Zentimeter, Männchen bis sechs Zentimeter
Farbe: hellgrün, außerdem bräunlich und selten gelblich
Lebenserwartung: bis zwölf Monate
Nahrung: Bienen, Fliegen, Schmetterlinge, Heuschrecken wie Grashüpfer, Spinnen, Wespen, Mücken und andere Gottesanbeterinnen
Feinde: Vögel, Ameisen, Fledermäuse, Reptilien
Verhalten: tagaktiv
Aktueller Bestand: in Deutschland auf der Roten Liste, weltweit nicht gefährdet
Die Gottesanbeterin: Was sind Fangschrecken und wie sehen sie aus?
🔬 Fangschrecken oder Gottesanbeterinnen sind eine Ordnung der Insekten mit weltweit 2.400 Arten.
🦖 Die Insekten leben seit 340 Millionen Jahren auf der Erde - also schon vor Dinosauriern. Sie sind eng mit Termiten sowie mit Schaben wie Kakerlaken verwandt.
👀 Der dreieckige Kopf mit langen Fühlern ist sehr beweglich. Seitlich sitzen die großen Facettenaugen, durch die die Tiere einen guten Überblick haben. In der Regel sind die Insekten grün, manchmal braun oder gelblich.
🦵 Die sechs Beine von Gottesanbeterinnen sind unterschiedlich ausgeprägt: Am Hinterleib haben sie vier dünne Beine. Das vordere Beinpaar ist kräftig und mit Dornen versehen: Das sind die Fangbeine.
🦗 Obwohl sie Flügel besitzen, fliegen weibliche Europäische Gottesanbeterinnen nicht. Die leichteren und agileren Männchen schwirren manchmal umher, aber eher selten.
Eine Gottesanbeterin in Lauerstellung
Woher der Name der Gottesanbeterin kommt und wofür das Tier steht
⌛ Ihren Namen verdanken die Insekten ihrer Körperhaltung. Ihre kräftigen Fangbeine falten sie vor der Brust, wenn sie warten, dass Beute vorbeikommt.
🙏 In dieser Position verharren sie stundenlang, ohne sich zu bewegen. Es sieht so aus, als würden die Fangschrecken beten. Ihre Gliedmaßen erinnern dabei sogar an kleine Hände.
💬 Der wissenschaftliche Name der Europäischen Gottesanbeterin geht in eine ähnliche Richtung. Mantis religiosa bedeutet religiöse Seherin - wahrscheinlich, weil die Tiere nicht nur scheinbar beten, sondern auch hervorragend sehen.
☠ Die bizarr aussehenden Tiere faszinieren Menschen schon seit Jahrtausenden. Die alten Ägypter:innen verehrten Gottesanbeterinnen, weil sie angeblich die Toten begleiteten. In Japan gilt das Insekt als Symbol für Geduld und Beständigkeit.
🥋 Es gibt sogar einen Kampfsport-Stil, der nach den Tieren benannt ist: Gottesanbeterin-Kung-Fu oder Mantis Kung-Fu. Dabei handelt es sich um eine nordchinesische Technik, die von der Schnelligkeit und Kraft der Insekten inspiriert ist.
Fortpflanzung der Gottesanbeterin: Warum Weibchen die Männchen fressen
Gottesanbeterin-Männchen werden von Duftstoffen angelockt, die die Weibchen ausstoßen. Dann nähern sie sich langsam und behutsam den Auserwählten. So wollen sie verhindern, dass sie als Beute angesehen werden. Es kann Stunden dauern, bis sie es schaffen, auf den Hinterleib der Weibchen zu springen.
Männliche Exemplare der Art sind mit maximal sechs Zentimetern deutlich kleiner als die bis zu acht Zentimeter großen weiblichen Tiere.
Etwa bei einem Drittel der Paarungen vor, dass das Weibchen das Männchen verspeist. Das geschieht nach der Paarung oder sogar währenddessen.
Die Gottesanbeterin ist nicht die einzige Art, bei der Weibchen Kannibalinnen sind und die Partner aufessen. Das machen viele Spinnen ebenfalls, beispielsweise Kreuzspinnen, Wespenspinnen oder Schwarze Witwen.
Für beide Fangschrecken hat es aus evolutionärer Sicht Vorteile, wenn die Männchen aufgegessen werden. Das hat die Royal Society 2021 wissenschaftlich untersucht. Denn das Weibchen hat eine zusätzliche Nahrungsquelle und nimmt dadurch zu. Dadurch kann es mehr Eier erzeugen. So sorgt das tote Männchen dafür, dass es möglichst viele Nachkommen bekommt.
Anschließend legen Weibchen 100 bis 300 Eier in Paketen ab, die sie gut tarnen. Diese sogenannten Ootheken schützen den Inhalt und überwintern versteckt unter Steinen oder Pflanzen. Alttiere sterben im Herbst.
Die Jungtiere schlüpfen im Mai. Die Larven sehen schon aus wie winzige Gottesanbeterinnen. Sie häuten sich mehrmals und durchlaufen verschiedene Stadien. Ab Ende Juli sind sie erwachsen und gehen bis zum Herbst auf die Jagd.
Die Gottesanbeterin und ihr Lebensraum: Wo haust das Insekt und wie gefährdet ist es?
Die Europäische Gottesanbeterin galt bei uns lange Zeit als beinahe ausgestorben. Sie fand sich nur noch in Baden-Württemberg in der Gegend um den Kaiserstuhl.
Inzwischen breiten sich die Insekten immer weiter nach Norden aus. Sie sind nach Angaben der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in allen deutschen Bundesländern zu finden - außer in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Allerdings tummeln sie sich nur in bestimmten, wärmeren Gebieten.
Die Insekten leben auf Büschen und Sträuchern sowie in Gras-Landschaften, vor allem an sonnigen Hängen und Waldrändern. Sie sind jedoch größtenteils so gut getarnt, dass du sie wahrscheinlich nicht entdeckst.
In Deutschland steht die Europäische Gottesanbeterin unter Naturschutz. Auf der "Roten Liste der Geradflügler" ist sie als "gefährdet" aufgeführt.
Gottesanbeterin-Nahrung: Was fressen die Insekten und wie jagen sie Beute?
🌲 Gottesanbeterinnen sind geduldige Tiere: Sie sitzen häufig tagelang auf derselben Pflanze. So warten sie auf potenzielle Beute.
🐝 Als Nahrung dienen den Fangschrecken andere Insekten wie Heuschrecken, Fliegen, Mücken, Bienen und Wespen. Auch Spinnen nehmen sie zu sich.
⏱ Kommt ein Insekt vorbei, klappen sie in rasender Geschwindigkeit ihre gefalteten Fangbeine aus. Das dauert nur rund 50 Millisekunden - und ist damit sechsmal schneller als ein Lidschlag der menschlichen Augen.
🔪 Gottesanbeterinnen schnappen sich Beute, indem sie ihre Fangbeine wie ein Taschenmesser zusammenklappen. Das Opfer bleibt zudem an den Dornen hängen und kann nicht fliehen. Anschließend lähmt die Fangschrecke das Insekt mit einem Biss - und frisst es auf.
🍃 Manchmal bewegen sich Fangschrecken auch auf ihre Beute zu - aber ganz langsam. Sie klettern und schaukeln den Körper. Das Opfer soll glauben, dass es ein Blatt sieht.
Sind Gottesanbeterinnen giftig oder gefährlich für den Menschen?
Die Gottesanbeterin ist nicht gefährlich oder giftig - weder für Menschen noch für Haustiere wie Hunde und Katzen. Sie beißen nicht und sondern kein Gift ab.
Im Garten richten die scheuen Tiere anders als Blattläuse oder Schnecken keinen Schaden an.
Wenn die Gottesanbeterin einen Fressfeind abschrecken will, macht sie eine gefährlich aussehende Drohgebärde. Sie stellt die Flügel auf und reißt die vorderen Beine hoch. Zu sehen sind dann schwarz umrandete, weiße Flecken auf der Innenseite der Vorderbeine. Die erinnern an große Augen - und schlagen einen Vogel hoffentlich in die Flucht.
Du brauchst aber keine Angst zu haben, denn das Tier kann dir nichts tun.
Hier droht eine Gottesanbeterin einem Feind
Gottesanbeterin-Haltung: Darauf solltest du achten
Eine Europäische Gottesanbeterin darfst du nicht als Haustier halten, weil die Art geschützt ist. Andere Fangschrecken-Arten sind aber kein Problem, etwa die Ghana-Gottesanbeterin, die Afrikanische Riesengottesanbeterin oder die Geistermantis.
Am besten hältst du eine Gottesanbeterin einzeln: Männchen können sonst gefressen werden oder es kommt zu aggressivem Verhalten.
Fangschrecken benötigen je nach Art konstante Wärme von 25 bis 35 Grad Celsius. Das Terrarium sollte mindestens 20 × 20 Zentimeter breit und 30 Zentimeter hoch sein.
Setze verschiedene Pflanzen ein, um den natürlichen Lebensraum nachzubilden. Fangschrecken mögen es, wenn alles dicht bewachsen ist. Lege zudem Äste und Steine als Verstecke aus.
Gottesanbeterinnen wollen ihre Beute jagen. Füttere darum lebende Insekten, so wie Heuschrecken und Schaben. Sie müssen kleiner sein als die Fangschrecke. Die Bewässerung erledigst du vorsichtig mit einer Sprühflasche.
Häufige Fragen zur Gottesanbeterin
Wenn du eine Gottesanbeterin findest, lasse sie in Ruhe. Die Art ist geschützt und gefährdet.
Ja, eine Gottesanbeterin ist bei uns ein seltenes Tier. Nur Europäische Gottesanbeterinnen leben hier. Zudem sind die scheuen Tiere gut getarnt und nicht leicht zu entdecken.
Die Gottesanbeterin frisst kleine Insekten wie Bienen, Fliegen oder Mücken - und manchmal Artgenossen.
Du findest Gottesanbeterinnen in Deutschland in wärmeren Regionen, zum Beispiel in Baden-Württemberg. Sie wohnen allerdings nur in bestimmten Gebieten und nicht überall. Mittlerweile kommen sie in fast allen Bundesländern vor, nur in Schleswig-Holstein und Niedersachsen nicht.
Nicht alle weiblichen Gottesanbeterinnen fressen ihre Partner - manche aber schon. Das Männchen hat nach der Begattung seine Pflicht erfüllt und das Insekt benötigt Nahrung, um Eier zu produzieren.
Gottesanbeterinnen hatten vor allem wegen ihres ungewöhnlichen Aussehens in vielen Kulturen eine besondere Bedeutung. Im alten Ägypten galt das Tier als Begleiterin der Toten. In Japan steht das Insekt für Geduld und Beständigkeit.