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Psychologie

Habe ich das Messie-Syndrom? Wann Horten krankhaft wird

  • Veröffentlicht: 06.09.2024
  • 05:00 Uhr
  • Chris Tomas
Ab wann leidet man unter dem Messie-Syndrom?
Ab wann leidet man unter dem Messie-Syndrom?© trekandphoto - stock.adobe.com

Viele Menschen sind unordentlich. Oder sammelwütig. Doch ab wann wird das Anhäufen von Dingen zum Problem? Und was tun, wenn das Chaos überhand nimmt?

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Messie-Syndrom: Das Wichtigste zum Thema

  • Geschirr, Zeitschriften, Elektrogeräte, Klamotten: Bei manchen Menschen türmen sich zu Hause derart viele Dinge, dass ihre Wohnung aus allen Nähten platzt. "Messies" nennt man sie, abgeleitet vom englischen Wort "mess" für Unordnung.

  • Entgegen weit verbreiteter Vorurteile leben die meisten Messies aber nicht im Müll. Ihr Problem ist das zwanghafte Horten. Nur in Extremfällen kommt es zum sogenannten Vermüllungs-Syndrom.

  • Schätzungsweise 2 bis 6 Prozent der Bevölkerung sind vom Messie-Syndrom betroffen, oft sind es Alleinstehende. Das Risiko steigt mit dem Alter. Meist beginnt das Anhäufen von Dingen schleichend und verstärkt sich mit der Zeit.

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Was ist ein Messie und was bedeutet zwanghaftes Horten?

Messies sammeln zwanghaft Dinge, die sie gar nicht brauchen – fast wie bei einer Sucht. Es fällt ihnen schwer, sich von einem Gegenstand zu trennen oder ihn als überflüssig zu erkennen. Deshalb spricht man auch von "Wertbeimessungsstörung". Hinter dem Horten stecken Gedanken wie "Das könnte einmal nützlich sein", "Irgendwann beschäftige ich mich damit", "Das ist doch noch gut" oder "Das hat einen emotionalen Wert für mich". Das führt dazu, dass Messies immer wieder am Aufräumen scheitern. Manche finden in ihren Wohnungen selbst kaum noch Platz, können nicht mehr kochen oder Fenster öffnen oder haben extra Lagerräume oder sogar Zweitwohnungen angemietet, um ihre Sachen unterzubringen.

In Deutschland sind schätzungsweise zweieinhalb Millionen Menschen vom Messie-Syndrom betroffen. Der Begriff geht auf US-amerikanischen Pädagogin Sandra Felton zurück, die selbst Messie war. Als eigenständige Krankheit gilt das übertriebene Horten aber nicht. Fachleute ordnen es den Zwangsstörungen zu. Manche Betroffene leiden zusätzlich an psychischen Erkrankungen wie etwa Depressionen, Ängste oder Sucht oder haben ADHS. Auch ältere Menschen horten häufig. Bei ihnen können eine beginnende Demenz, Einsamkeit oder körperliche Beeinträchtigungen die Störung verstärken.

Problematisch wird das Messie-Syndrom, wenn die Betroffenen den Überblick verlieren, das Horten zu einer Einschränkung wird und damit ein Leidensdruck entsteht. So empfangen viele Betroffene aus Scham keine Gäste mehr in ihrer Wohnung, in schwereren Fällen werden selbst Handwerker:innen oder Heizungsableser:innen abgewiesen. Manche Menschen horten auch Tiere: Sie halten so viele Haustiere, dass sie irgendwann nicht mehr in der Lage sind, sie zu pflegen und zu versorgen. Kommen zum Hortungs-Zwang noch Feuchtigkeit, Gestank, Schimmel und Ungeziefer hinzu, spricht man vom Vermüllungs-Syndrom. Aus Sammelwut wird dann Verwahrlosung, und Betroffenen droht die Wohnungskündigung.

Meistens jedoch sind Messies nach außen nicht erkennbar. Im Gegenteil, sie wirken in anderen Lebensbereichen sogar ausgesprochen perfektionistisch.

Messies tun sich schwer damit, Dinge wegzuschmeißen.
Messies tun sich schwer damit, Dinge wegzuschmeißen.© IMAGO / Schöning

Bin ich ein Messie? Das sind Kriterien für eine Diagnose

Es ist meist schwer zu sagen, ob jemand einfach nur unordentlich ist oder bereits ein Messie, denn die Grenzen sind fließend. Wenn jedoch mehrere der folgenden Punkte auf dich zutreffen, besteht die Möglichkeit, dass du zu zwanghaftem Horten neigst:

·         Du hast eine chaotische Wohnung.

·         Manche Bereiche sind komplett vollgestellt.

·         Andere haben dir schon oft gesagt, dass du mal aufräumen könntest.

·         Du hast Probleme, dich von Dingen zu trennen.

·         Du sammelst bestimmte Dinge, etwa Zeitschriften.

·         Das Aufräumen fällt dir schwer und du verschiebst es immer wieder.

·         Es überfordert dich, alle deine Dinge zu putzen.

·         Du lädst nicht gern andere zu dir nach Hause ein.

·         Du schämst dich dafür, wie es bei dir daheim aussieht.

·         Wenn du etwas brauchst, musst du lange danach kramen.

·         Du besitzt viele Dinge, die du gar nicht aktiv benutzt.

·         Es fällt dir schwer, deinen Alltag zu organisieren. Du vergisst Termine oder verschusselst etwas.

·         Zu Hause fühlst du dich sicher.

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Welche Ursachen hat das Messie-Syndrom?

Messies sind oft unsichere und ängstliche Menschen. Fachleute vermuten, dass das zwanghafte Horten eine Art Bewältigungsstrategie ist, um mit emotionalen Belastungen umzugehen. Diese Belastungen können ganz unterschiedlich sein: Trauer, Verlustangst, Enttäuschungen, erlebte Traumata, ungelöste Konflikte oder übertriebene Strenge in der Kindheit. Manche sehen im Horten den Versuch, eine innere Leere zu füllen, sich selbst ein Gefühl von Geborgenheit zu geben oder Kontrolle wiederzuerlangen. Das Festhalten an Dingen gibt Sicherheit.

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Wo finden Messies und ihre Angehörigen Hilfe?

Telefonisch: Beim Messie-Hilfe-Telefon können sich Messies und Angehörige beraten lassen. Die Sprechzeiten sind auf der Homepage des Vereins H-TEAM e.V. in München zu finden.

In einer Selbsthilfegruppe: Messies und Angehörigen bieten solche Treffen die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen und Unterstützung zu holen. Oft hilft bereits das Gefühl, mit dem Problem nicht allein zu sein.

In einer Therapie: Um den Gründen für das Horten auf die Spur zu kommen, lohnt sich für Messies eine Psychotherapie. Welche Funktion erfüllen die vielen Dinge? Welche Alternativen gäbe es? Indem Betroffene ihre Denkmuster erkennen, fällt es ihnen leichter, sie zu ändern.

Mit professionellen Aufräumteams: Manche Messies sehnen sich danach, dass ihnen jemand bei dem hilft, was sie allein nicht schaffen: sich von ihrem Ballast zu befreien. In solchen Fällen sind Aufräumdienste oder Haushaltshilfen eine gute Idee. Das trifft aber nicht auf alle zu, andere hängen sehr an ihren Dingen und brauchen sie für ihr inneres Gleichgewicht. Die Vorstellung, jemand könnte ihre Wohnung zwangsräumen, versetzt sie in Stress und Panik.

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