Die ersten Bilder: Das James-Webb-Teleskop ermöglicht den Blick auf die Geburt des Universums
- Veröffentlicht: 12.07.2022
- 20:11 Uhr
- Peter Michael Schneider
Nach seinem 1,5-Millionen-Kilometer-Trip durchs All hat das James-Webb-Teleskop die ersten Bilder gen Erde geschickt. Das neue Super-Teleskop der NASA ermöglicht einen Blick in die hintersten Winkel des Universums. Im Clip: Wie funktioniert eigentlich ein Teleskop?
Das Wichtigste zum Thema James-Webb-Weltraumteleskop
Das James-Webb-Weltraumteleskop soll in die ältesten Winkel des Universums schauen. Dabei wollen die Wissenschaftler:innen erforschen, wie sich Planeten-Systeme aus Gas und Staub entwickelt haben.
Nach dem Start des "JWST", wie das "James Webb Space Telescope" auch genannt wird, ist das Teleskop am 24. Januar an seinem Zielort L2 hinter dem Mond angekommen.
Bereits während der 1,5 Millionen Kilometer weiten Reise hat es wichtige Aufgaben erledigt: Zuerst entfaltete es die Solar-Paneelen zur Stromversorgung, dann seinen Tennisplatz-großen Sonnen-Schutzschirm. Zuletzt klappte der 18-teilige Haupt-Spiegel aus.
Bis das Teleskop optimal arbeiten konnte, musste es 100 Tage abkühlen. Die ersten Bilder gibt es deshalb erst knapp sechs Monate später. Am 12. Juli veröffentlichte die NASA spektakuläre Aufnahmen, die beweisen: Das JWST kann Milliarden Jahre bis zur Entstehung des Universums zurückblicken. Im Unterschied zum James-Webb-Teleskop kann das neue Weltraumteleskop Euclid riesige Bereiche auf einen Blick erfassen.
US-Präsident Joe Biden lies es sich nicht nehmen, das erste Foto bereits einen Tag im Voraus der Öffentlichkeit zu präsentieren. Er sprach von einem historischen Moment für die Wissenschaft, Technologie und Weltraum-Forschung.
Ein Blick 13 Milliarden Jahre in die Vergangenheit
Wichtige Erkenntnisse aus den Zeiten des Urknalls - nicht weniger als das erhofften sich die Wissenschaftler:innen vom neuen Super-Teleskop. Und die ersten Aufnahmen enttäuschten nicht.
Laut NASA liefert das James-Webb-Teleskop damit das tiefste und schärfste Infrarot-Bild des frühen Universums, das jemals aufgenommen wurde. Und das ist nur der Anfang, versprach NASA Chef Bill Nelson. Bis zu 13,5 Milliarden Jahre kann das Teleskop durch modernste Infratot-Technik in die Vergangenheit blicken - und damit fast bis zur Geburtsstunde des Universums. Diese liegt nach heutigen Erkenntnissen etwa 13,8 Milliarden Jahre zurück.
Geplant war die offizielle Veröffentlichung der spektakulären Aufnahmen am 12. Juli. US-Präsident Joe Biden warf allerdings die Pläne der Weltraum-Organisation über Bord und stellte eine der fünf Aufnahmen schon am Vortag persönlich der Welt-Öffentlichkeit vor.
Die ersten Aufnahmen des James-Webb-Teleskops
Die ersten Bilder: Das James-Webb-Teleskop ermöglicht den Blick auf die Geburt des Universums
Hinterm Mond: So fliegt das Weltraum-Teleskop durch den Weltraum
Auf dem etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernten "Lagrange-Punkt 2" kreist das Teleskop jetzt mit der Erde um die Sonne.
Hier hat es beste Sicht: Denn abgewandt von der Erde bekommt es weniger störende Infrarot-Strahlen ab und kann zudem die Sterne ohne Unterbrechung beobachten, weil unser blauer Planet ihm nie in die Quere kommt.
Kompliziert: Das Teleskop "parkt" nicht direkt am L2, sondern fliegt um ihn herum. Physikalisch gesehen ist der L2 nämlich ein Gravitations-Zentrum, in dem sich die Fliehkraft und die Anziehungskraft des Sonne-Erde-Systems gegenseitig aufheben. Die Umlaufbahn des Teleskops sieht aus wie ein Wagenrad, das im Kreis um die Sonne herumfährt - mit dem "Webb" auf der Außenkante.
Externer Inhalt
Die Super-Eigenschaften des JWST
✨ Das Weltraum-Teleskop ist der Nachfolger des legendären Hubble-Teleskops, das jahrzehntelang aus der erdnahen Umlaufbahn spektakuläre Aufnahmen lieferte.
👴 Das JWST wird die für uns unsichtbare Infrarot-Strahlung messen (was das ist, erfährst du unten). Grund: Uralte Bereiche im Universum entfernen sich so schnell von uns, dass ihr Licht nur noch als infrarotes Licht bei uns ankommt. Es kann also Sterne aus der Anfangszeit des Universums sehen.
☁️ Hubble wurde wegen seiner spektakulären Galaxie-Bilder berühmt. Aber: Infrarotes Licht dringt durch Gaswolken - im Gegensatz zu sichtbaren Licht. Das James-Webb-Teleskop kann zudem erkaltete Sterne aufspüren, wenn diese nur noch infrarotes Licht aussenden. Das Teleskop wird also Sterne sehen, die Hubble verborgen blieben.
🕐 Der 12. Juli markiert den Startschuss für das erste Forschungs-Jahr des Weltraum-Teleskops. Für 19 weitere Jahre reicht der Treibstoff der Schubdüsen, die das Super-Teleskop entsprechend ausrichten.
🔭 Es ist das zweite Weltraum-Teleskop, das für die NASA im Dezember 2021 gestartet ist. Am 9. Dezember hatte sie bereits das Röntgen-Teleskop IXPE ins All geschickt.
👨🚀 Namenspate des Teleskops ist James Edwin Webb. Der frühere, legendäre NASA-Direktor brachte in den 60er-Jahren das Apollo-Programm voran. Kurios: Er trat ein Jahr vor der Mondlandung zurück.
So funktioniert das James-Webb-Teleskop
Gut vor der Sonne geschützt
Damit das riesige Teleskop in die Ladebucht der Rakete passt, faltete die NASA den Tennisplatz-großen Sonnenschirm und den 6,5 Meter große Spiegel einfach zusammen. Kurz nach dem Start entfalteten sich die Solarpaneele für die Strom-Versorgung.
Im nächsten Schritt entfaltete sich zwei Tage lang der Sonnenschild aus fünf übereinander liegenden Kunststoff-Planen. Ein kompliziertes System aus Motoren und Kabeln zog die nur wenige Hundertstel Millimeter dünnen Folien-Lagen zu einer mehrlagigen Fläche auseinander (siehe Video).
Jede Lage senkt die Temperatur um etwa 55 Grad Celsius. Am Ende soll die sonnenabgewandten Seite des Teleskops 330 Grad kälter sein als die sonnenzugewandte Seite. Ohne den Sonnenschirm könnte das Teleskop nicht arbeiten. Da das Teleskop Infrarot-Licht messen will - also Wärme-Strahlung - brauchen seine Sensoren eine Eiseskälte von minus 235 Grad Celsius. Am Ende klappten die 18 Segmente des Haupt-Spiegels aus.