Premiere
Erste Rakete mit Kerzenwachs-Antrieb hebt ab
- Aktualisiert: 07.05.2024
- 16:30 Uhr
- Peter Michael Schneider
Kommen jetzt die schwäbischen Elon Musks? Einer Firma aus Süddeutschland gelingt der erste Start einer privaten Rakete. Kurios: Die Rakete verbrennt Wachs in ihrem Motor.
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Das Wichtigste in Kürze
Erfolg für deutsche Raketenbauer: Am frühen Donnerstag um 7:10 Uhr unserer Zeit hob die SR75-1 der Firma HyImpulse ab.
Das Besondere der Rakete: Als Treibstoff dient eine Mischung aus flüssigem Sauerstoff und Paraffin - also Kerzenwachs!
Die erste deutsche Privatrakete erreichte zwar nicht den Weltraum. Doch das war auch nicht die Absicht. Laut HyImpulse lief bei dem Start alles nach Plan - ganz wichtig für Ingenieur:innen.
Inhalt
- Wachsrakete: Traumstart in Australien
- Rakete mit Kerzenantrieb: Was steckt hinter der Technologie
- Hybrid-Triebwerke: Sicher und preiswert
- Deutsche Raketen-Firma HyImpulse: Das sind ihre Pläne für die Zukunft
- Deutsche Raketen-Mission "Light this Candle": Daher stammt der ungewöhnliche Name
- Häufige Fragen zum Thema "HyImpulse"
Wachsrakete: Traumstart in Australien
🚀 Zum ersten Mal hieß es für einen deutschen Raketenbauer "Lift off!", das international gebräuchliche Startsignal für Trägerraketen. Das Motto der Mission lautete "Light this candle". Was es damit auf sich hat, erfährst du weiter unten.
🦘Wie geplant erreichte die SR75-1 eine Höhe von etwa 60 Kilometer in der Koonibba Test Range. Dieser einsam gelegene Startplatz liegt nahe der südaustralischen Küste (da es keinen deutschen Weltraumbahnhof gibt).
🪂 Dabei erreichte die Rakete aber keine Umlaufbahn, sondern fiel wie eine Kanonenkugel auf einer suborbitalen Flugbahn wieder zurück zur Erde - am Fallschirm.
🕯️ Laut HyImpulse reicht die Kraft der einstufige Höhenforschungs-Rakete jedoch aus, bis zu 250 Kilogramm Nutzlast für kurze Zeit etwa 250 Kilometer hoch in den Weltraum zu transportieren.
👶 Wie schnell das Unternehmen aus Neuenstadt am Kocher in der Nähe von Heilbronn gearbeitet hat, macht allein das Gründungsdatum deutlich: Die Firma mit nur 65 Mitarbeiter:innen gibt es erst seit 2018.
🏎️ Allerdings dürfte HyImpulse mit ihrem Erfolg in Deutschland nicht lange alleine bleiben. Die Raketen-Unternehmen Rocket Factory Augsburg und die Isar Aerospace planen, ihre Raketen noch dieses Jahr zu starten - aber in eine echte Umlaufbahn.
Externer Inhalt
Im Video: Deutsche Raketen für den Weltraum
Rakete mit Kerzenantrieb: Was steckt hinter der Technologie
- Wer sich mit Chemie auskennt, dürfte sich die Augen reiben. Paraffin ist auch als Kerzenwachs bekannt, eine feste Masse und schwer entzündlich. Doch Wachs ähnelt der Molekül-Struktur dem Kerosin. Das treibt beispielsweise die Falcon 9 von SpaceX an.
- Wumms bekommt die Rakete durch den reinen Sauerstoff, der mit dem Paraffin verbrennt. Dabei befindet sich das Paraffin als fester Bestandteil in der Brennkammer. Der reine Sauerstoff strömt durch viele kleine Bohrungen durch das Paraffin. Beim Verbrennen entstehen heiße Abgase, die durch eine Düse ins Freie strömen und den Rückstoß erzeugen.
- Abstellen lassen sie sich, indem der Sauerstoff-Fluss gestoppt wird. Das ist der Unterschied zu reinen Feststoff-Raketen (Feuerwerksraketen), die einmal angezündet bis zu Ende brennen.
- Der Vorteil: Da eine der Komponenten fest ist, können sich die Treibstoffe nicht mischen. Daher können sie auch nicht explodieren. Läuft was schief, würde die Rakete lediglich abbrennen wie eine Kerze.
- Außerdem braucht es weniger Tanks, Leitungen und Ventile. HyImpulse gibt an, die Technik würde seine Raketen 50 Prozent billiger machen.
Hybrid-Triebwerke: Sicher und preiswert
Raketenmotoren, die eine Mischung aus festen und flüssigen Treibstoffen verbrennen, nennen sich "Hybrid-Triebwerke", werden aber in Raumfahrzeugen bisher nur selten verwendet. Das prominenteste Beispiel ist das SpaceShipTwo von Virgin Galactic, das (sehr reiche) Tourist:innen in den Weltraum fliegt.
Deutsche Raketen-Firma HyImpulse: Das sind ihre Pläne für die Zukunft
- HyImpulse plant bereits eine größere Rakete. Die 32 Meter hohe und 50 Tonnen schwere Small Launcher 1 soll frühestens Ende 2025 etwa 600 Kilogramm in den erdnahen Orbit transportieren.
- Damit gehört die SL1 zu den so genannten Micro Launchern, Raketen für kleinere Lasten. Derzeit arbeiten weltweit mehrere Dutzend Unternehmen an solchen Kleinraketen.
- Die Gründer von HyImpulse wollen eines Tages etwa 6500 Euro pro Kilo Last verlangen, nur wenig mehr als SpaceX bei seinen Kleinsatellitentransporten. Das ist allerdings das Ziel vieler Unternehmen - gelungen ist es noch niemand.
- Laut HyImpulse hat das Unternehmen schon Aufträge im Wert von mehr als 100 Millionen Euro erhalten. Gewöhnlich können Raketen-Unternehmen aber nicht alle Aufträge abarbeiten.
Deutsche Raketen-Mission "Light this Candle": Daher stammt der ungewöhnliche Name
Die Stuttgarter haben sich einen passenden Namen für die erste Mission ihrer Wachsrakete gewählt. Als Alan Shepard, 1961 der erste US-Amerikaner im All, stundenlang eingezwängt in seiner Mercury-Raumkapsel auf den Start wartete, funkte er irgendwann genervt an die Ingenieure: "Light this Candle!", "zündet diese Kerze endlich an!" - worauf Shepard tatsächlich bald erfolgreich abhob.