Wohnungsenteignungen für bezahlbare Mieten - Bist du dafür oder dagegen?
- Veröffentlicht: 06.10.2021
- 18:45 Uhr
- Claudia Frickel
Sollen Wohnungen großer Firmen Gemeineigentum werden, damit die Mietpreise sinken? Das wünscht sich die Mehrheit der Berliner:innen laut einem Volksentscheid. Bist du dafür oder dagegen, Immobilienkonzerne zu enteignen? Im Clip: Diese Rechte hast du als Mieter.
So haben die Galileo-Zuschauer:innen abgestimmt
Am 26. September konnten die Berliner:innen nicht nur den Bundestag wählen, sondern auch über einen Volksentscheid abstimmen. Sollten große Mietkonzerne enteignet werden? Die Mehrheit der Berliner:innen hat dafür gestimmt - und die Galileo-Zuschauer:innen auch.
Immobilienkonzerne enteignen: Das musst du dazu wissen
2/3 der Menschen in Deutschland wohnen zur Miete. Aber das wird immer teurer. Zwischen 2012 und 2020 stiegen Mieten in München und Stuttgart um fast 50 Prozent, in kleineren Städten wie Tübingen um 30 Prozent.
Unter den 10 größten deutschen Städten verschlimmerte sich die Lage in Berlin am meisten. Um fast 27 Prozent legten die Mieten dort seit 2016 zu, hat Immobilienscout 24 errechnet.
Der Mieterbund schlägt Alarm: Viele Menschen könnten ihre Miete nur noch schwer oder gar nicht mehr bezahlen.
In Berlin, Hamburg, München und Köln fehlen jeweils zwischen 65.000 und 220.000 bezahlbare Wohnungen, so Forschende der Berliner Humboldt-Universität.
Um das Problem zu lösen, könnten in Berlin große, profitorientierte Immobilienkonzerne enteignet werden - und zwar die, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen. Das betrifft 15 Firmen mit insgesamt 240.000 Apartments.
Dafür hat jedenfalls die Mehrheit der Berliner:innen bei einem Volksentscheid gestimmt. Die Wohnungen sollen öffentlich verwaltet werden, damit Mietpreise sinken. Ob das umgesetzt wird, entscheidet aber der Berliner Senat.
Sind solche Verstaatlichungen eine gute Idee, um bezahlbare Wohnungen zu schaffen - oder ist das der falsche Weg?
So stiegen die Mieten zwischen 2019 und 2021 an
Pro-Argumente: Das sagen Befürworter:innen
🏠 Eine Faustregel besagt, dass maximal 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens für die Miete draufgehen sollte, damit noch genug Geld zum Leben bleibt.
👩👦 Aber oft ist der Anteil viel höher, haben Studien ergeben. Jeder 2. Haushalt in Deutschland gibt mehr aus, so die Berliner Humboldt-Universität. Bei 1 Million Haushalte bleibt sogar weniger als das Existenzminimum zum Leben übrig. Betroffen sind vor allem Alleinerziehende.
🤑 Immobilienkonzerne machen Profite mit steigenden Mieten, sagen die Mitglieder der Bürgerinitiative und Initiator:innen des Volksentscheids Deutsche Wohnen und Co. enteignen.
📈 Die Unternehmen sind an der Börse notiert, es geht um Profite. Die Firma "Deutsche Wohnen" mit bundesweit 155.000 Wohnungen erhöhte etwa 2020 die Dividende für die Aktionäre von 90 Cent auf 1,03 Euro pro Aktie.
🔨 Renditen erzielen die Firmen damit, dass sie zu wenig oder zu teuer sanieren sowie alte Mieter:innen verdrängen, meinen Befürworter:innen von Enteignungen.
💶 Wenn Wohnungen dieser Unternehmen gemeinnützig verwaltet werden, könnten Mietpreise gesenkt werden. Die Firmen würden entschädigt.
👩⚖️ Das Grundgesetz erlaubt dem Staat in Artikel 15 die Vergesellschaftung privaten Eigentums - wenn es dem Wohl der Allgemeinheit dient und eine Entschädigung gezahlt wird. Beim Bau von Autobahnen wird das beispielsweise angewendet, wenn Grundstücke im Weg sind.
Wie viel (mehr) Mieter:innen in den 10 größten deutschen Städten zahlen müssen
Contra-Argumente: Das sagen die Gegner:innen
🔑 Wenn Immobilienfirmen enteignet werden, gibt es trotzdem nicht mehr Wohnungen, sagen Kritiker:innen einer Verstaatlichung.
🏗 Sie meinen, dass von dem Geld für Entschädigungen lieber zum Beispiel Sozialwohnungen neu gebaut werden sollten.
⚖ Es ist unter Rechtsexpert:innen umstritten, ob ein Gesetz zur Enteignung der Immobilienkonzerne verfassungsgemäß ist. Sie halten etwa die im Volksentscheid genannte Grenze für willkürlich: Nur wenn eine Firma mehr als 3.000 Wohnungen besitzt, ist sie betroffen.
🏭 Wenn man erstmal damit anfängt, könnten auch noch andere Unternehmen verstaatlicht werden, befürchten manche.
💰 Die Entschädigungen für die Firmen seien wahrscheinlich viel zu hoch, als dass die Mieten wirklich gesenkt werden könnten, so die weitere Kritik.
❌ Eine Enteignung wird künftige Investoren abschrecken, sagen die Gegner:innen der Berliner Initiative. Unternehmen würden dann womöglich gar keine Wohnungen mehr bauen.
Wem gehören die Wohnungen in Deutschland?
Mietspiegel - was ist das eigentlich?
👉 Erhöhen sich die Mietpreise, richten sie sich nach ortsüblichen Vergleichsmieten. Wir verraten dir, wie sich der Mietspiegel zusammensetzt, was er rechtlich bedeutet und wo er nicht gilt.