Kult-Serie der 90er
Scully-Effekt: So veränderte "Akte X" den Berufswunsch vieler Frauen
- Aktualisiert: 17.07.2024
- 12:07 Uhr
- Sven Hasselberg
Die forensische Medizinerin Dana Scully aus Akte X inspiriert Mädchen und Frauen bei der Berufswahl. Der Scully-Effekt ist sogar wissenschaftlich bewiesen. Was es damit auf sich hat.
Der Scully-Effekt: Das Wichtigste in Kürze
Der Scully-Effekt bezieht sich darauf, dass sich Mädchen nach dem Schauen der Serien "Akte X" in den 90er-Jahren häufiger für eine Ausbildung in den Naturwissenschaften interessierten.
Dana Scully, die weibliche Hauptfigur der Serie, ist forensische Medizinerin und FBI-Agentin. Gespielt wurde die Rolle von Gillian Anderson.
In elf Staffeln und 218 Episoden löste Dana Scully mit Partner Fox Mulder, gespielt von David Duchovny, mysteriöse Fälle, die auch paranormale Phänomene behandelten. Der deutsche Untertitel lautete: "Die unheimlichen Fälle des FBI"
Produziert wurde "Akte X" von 1993 bis 2002. Von 2016 bis 2018 gab es eine Fortsetzung. Zwei Kinofilme starten ebenfalls.
Was ist der Scully-Effekt?
Lange galt der Scully-Effekt nur als Hypothese. Mittlerweile wurde er aber durch eine Studie wissenschaftlich bewiesen, zumindest für den amerikanischen Raum. Das "Geena Davis Institute on Gender in Media" führte die Untersuchung 2018 durch. Dazu wurden 2000 berufstätige Frauen befragt. Die Altersstruktur berücksichtigte, dass sie "The X-Files", so der Originaltitel der Serie, bewusst gesehen haben konnten.
91 Prozent der Frauen, die viele Teile der Serie gesehen hatten, lobten Agent Scully als Vorbild. Außerdem empfanden sie diese als herausragende Figur in der TV-Landschaft. 63 Prozent der Frauen, die in einem naturwissenschaftlichen Beruf arbeiten, bezeichnete Scully als Rolemodel und ebenfalls 63 Prozent sagten, die Agentin habe sie inspiriert, einen Beruf in einer Männerdomäne zu ergreifen. Gut 50 Prozent gaben an, dass Ihr Interesse an Naturwissenschaften durch Scully stieg.
Die fiktive FBI-Agentin Dana Scully war promovierte forensische Medizinerin und suchte somit immer einen wissenschaftlichen Zugang zu den Fällen. Die Serie war äußerst beliebt und Schauspielerin Gillian Anderson erhielt für ihre Rolle 1997 einen Emmy und einen Golden Globe. Sie soll Folgendes zu ihrem ungeahnten Einfluss gesagt haben:
Für mich war das eine Überraschung. Wir haben die ganze Zeit viele Briefe bekommen, in denen mir Mädchen mitteilten, dass sie einen medizinischen oder wissenschaftlichen Beruf ergriffen haben oder zum FBI oder in andere Bereiche gingen, [...] und dass sie diesen Entschluss wegen der Figur Dana Scully gefällt haben.
Gillian Anderson, Schauspielerin
Was ist das Besondere an Dana Scully in "Akte X"?
Ihr Partner, Fox Mulder, ließ sich in der Serie eher schneller hinreißen, alle Vorkommnisse auf paranormale Geschehnisse, vor allem in Verbindung mit Außerirdischen, zurückzuführen. Im Gegensatz war Dana Scully die wissenschaftliche Analytikerin, die stets einen forschenden und wissenschaftlich logischen Ansatz verfolgte, der sich beweisen ließ. Als forensische Medizinerin war sie eine Expertin, die in einem Beruf überzeugte, der in den 90ern noch weithin Männern zugeschrieben wurde. Sie war eher die Skeptikerin, Mulder eher der unberechenbare "Träumer".
Gleichzeitig stand Dana Scully für eine selbstbewusste, moderne, erfolgreiche Frau und wurde nicht als klischeehafter, verpeilter Wissenschaftsnerd abgestempelt. Damit entsprach sie nicht dem Frauenbild, das bis dahin meist in Serien überwog. Und auch heute bekommen weibliche Charaktere noch wenig Aufmerksamkeit in der TV-Landschaft.
Warum ist der Scully-Effekt wichtig?
Noch immer sind Frauen in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) unterrepräsentiert. 2022 lag der Frauenanteil unter den Erst-Semestern besagter Studiengänge in Deutschland bei 35 Prozent. Das bedeutet in den vergangenen 20 Jahren nur eine leichte Steigerung, 2002 lag er bei 31 Prozent.
Was die schon berufstätigen Akademiker:innen im MINT-Bereich anging, waren 2020 nur 23,5 Prozent weiblich. In MINT-Ausbildungsberufen gingen in Deutschland 2022 nur 8,9 Prozent Frauen an den Start.
Hinzu kommt der sogenannte Matilda-Effekt, der ebenfalls wissenschaftlich bewiesen wurde. Naturwissenschaftlerinnen wurden und werden bei Preisen oft übergangen, weniger zitiert, bei Studien nicht genannt und erhalten auch weniger Professuren. Von 1901 bis 2023 wurden 621 Nobelpreise verliehen. Diese gingen an 965 Einzelpersonen. Nur 65 waren Frauen! Meist handelte es sich um den Friedens- und Literaturnobelpreis. In Physik waren nur 2,2 Prozent, in Chemie 4,1 Prozent und in Medizin 5,7 Prozent der Preisträger:innen Frauen.
Die wichtigsten Fragen zum Scully-Effekt
- Malisa Stiftung
- Geena Davis Institute on Gender in Media
- Simon Fraser University, Canada
- Bergische Universität Wuppertal
- Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
- Destatis/Statistisches Bundesamt