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Trotz Rechtsanspruchs

430.000 Plätze fehlen: Kita-Notstand in Deutschland

  • Veröffentlicht: 28.11.2023
  • 09:28 Uhr
  • Michael Reimers

Immer mehr junge Mütter in Deutschland möchten arbeiten gehen. Doch trotz des geltenden Rechtsanspruchs fehlen Hunderttausende Kita-Plätze.

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Das Wichtigste in Kürze

  • 430.000 Kita-Plätze fehlen einer Studie zufolge aktuell in Deutschland.

  • Besonders groß ist die Versorgungslücke in den westlichen Bundesländern.

  • Vor allem für die Altersgruppe der 1- bis 3-Jährigen mangelt es an Betreuungsmöglichkeiten.

Was nützt Eltern der Rechtsanspruch auf Betreuung für ihre lieben Kleinen, wenn es keinen Platz in Krippe oder Kindergarten gibt? Einer aktuellen Studie zufolge fehlen deutschlandweit 430.000 Kita-Plätze. Besonders drastisch sieht es in den westlichen Bundesländern aus, ergab das "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung, das am Dienstag (28. November) vorgestellt wurde. Demnach ist die Lage in Deutschland inzwischen "untragbar".

Trotz des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz fehlen in Deutschland rund 430.000 Plätze in Kindertagesstätten (Kita). Zwar habe es Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten gegeben, der Bedarf sei aber zugleich kontinuierlich gestiegen, die Lage inzwischen "untragbar", hieß es. Der Analyse zufolge gibt es inzwischen eine ausgewachsene Kita-Krise. Um dieser zu begegnen, seien energische kurz- und langfristige Maßnahmen nötig.

Lage in Westdeutschland besonders prekär

In den westdeutschen Bundesländern fehlen der Studie zufolge 385.900 Plätze, um den Betreuungsbedarf zu erfüllen. In Ostdeutschland klafft demnach eine Lücke von etwa 44.700 Kita-Plätzen. Seit 2013 besteht für Kinder nach ihrem ersten Geburtstag ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Für Jungen und Mädchen ab drei Jahren gilt der Anspruch schon seit 1996.

Immer mehr Eltern wünschen sich den Angaben zufolge auch besonders für ihren jüngeren Nachwuchs eine Betreuung. Entsprechend groß ist der Mangel vor allem bei U3-Plätzen, also für unter Dreijährige. Der Personalmangel sei nach wie vor ein gravierendes Problem.

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Personalschlüssel im Osten deutlich schlechter

Zwar ist in Ostdeutschland der Anteil der Kinder, die eine Kita besuchen, der Studie zufolge wesentlich höher als im Westen. Beim Qualitätsmerkmal Personalschlüssel sieht es im Osten jedoch ungünstiger aus: Eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft betreut dort rechnerisch 5,4 Kinder unter drei Jahren. Bei den älteren Jungen und Mädchen ab drei Jahren kümmert sich eine Erzieherin im Schnitt um 10,5 Jungen und Mädchen. Im Westen komme eine Fachkraft auf 3,4 unter Dreijährige und auf 7,7 ältere Kinder ab drei Jahren.

Kindgerecht sei nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von 1 zu 3 für die Kleinsten und 1 zu 7,5 für die Betreuung der über Dreijährigen, hieß es in Gütersloh. Der Fachkräftemangel erschwere es zunehmend, den Bildungsauftrag der Kitas umzusetzen. "Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden", betonte Bildungsexpertin Anette Stein.

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Bis 2030 etwas Besserung in Sicht

Die Autor:innen der Studie sehen zwar Chancen auf "spürbare" Verbesserungen bis 2030. Allerdings nur, wenn dafür umgehend gehandelt werde. In den ostdeutschen Ländern hält die Analyse wegen sinkender Kinderzahlen beim Personalschlüssel eine Angleichung ans Westniveau für möglich, ebenso eine Deckung des Platzbedarfs. Voraussetzung aber: "Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen."

Für die meisten westdeutschen Länder hingegen könnte es schwieriger werden, bis 2030 bei Deckung des Platzbedarfs und Personalschlüssel die Ziele zu erreichen. Es gelte, beim Platzausbau mehr Tempo zu machen. Tendenziell positiver sehe es in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein aus.

Krankheitswelle und Personalmangel: "Kita-Kollaps" befürchtet

Deutschland kämpft mit einer Krankheitswelle. Dazu kommt noch, dass die Personalsituation in vielen Bereichen angespannt ist. Schulen und Kitas befürchten nun Schließungen.

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Kurzfristige Lösung: Kita-Öffnungszeiten reduzieren

So mahnt das Autor:innenteam langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften an. Es brauche attraktive Arbeitsbedingungen auch, damit das Personal im Berufsfeld bleibe. Als Sofortmaßnahme solle das pädagogische Personal von Hauswirtschafts- und Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Auch Quereinsteiger könnten die Lage entspannen. Abstriche bei der pädagogischen Qualifizierung dürfe es allerdings nicht geben.

In einigen Bundesländern könne eine vorübergehende Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten bis 2025 hilfreich sein. Eine solche einschneidende Maßnahme müsse mit allen Partnern gut abgestimmt sein. Die Kita-Krise sei so weit fortgeschritten, dass "neue Antworten" gefragt seien, unterstrich die Stiftung.

Ab 2026 auch Rechtsanspruch auf Betreuung für Grundschulkinder

Der Fachkräftemangel im Bildungssektor wird in künftig noch zu einem massiveren Problem, wenn ab 2026 in Deutschland auch für alle Kinder im Grundschulalter einen Anspruch auf ganztägige Förderung und Betreuung gilt. Ob es tatsächlich ausreichend Fachkräfte gibt, um den Rechtsanspruch zur ganztägigen Förderung von Grundschulkindern zu erfüllen und gleichzeitig bessere Rahmenbedingungen zu gewährleisten, untersucht der "Fachkräfte Radar" der Bertelsmann Stiftung.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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