Recherchen zu Geheimtreffen
AfD plant mit Martin Sellner Massen-Abschiebung - auch von deutschen Staatsbürgern
- Veröffentlicht: 10.01.2024
- 12:33 Uhr
- Lena Glöckner
Ein Zahnarzt lädt zu einem exklusiven Treffen in Potsdam, das AfD-Politiker mit dem Kopf der Identären Bewegung zusammenbringt. So hat es das Medienhaus Correctiv recherchiert. Der Inhalt des Gesprächs ist brisant.
Das Wichtigste in Kürze
In Potsdam haben sich im November mehrere Rechtsextreme getroffen, darunter Abgeordnete der AfD.
Laut einer Recherche haben sie dort einen "Masterplan" zur Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland geschmiedet.
Plan des "Strategiekonzepts" ist offenbar auch die Ausweisung deutscher Staatsbürger.
AfD-Politiker sollen nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November in Potsdam an einem Treffen mit dem bekanntesten Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen haben. Bei dem Treffen soll über einen "Masterplan" zur Migrationspolitik gesprochen worden sein. Von AfD-Seite sei unter anderen Roland Hartwig dabei gewesen, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und heute Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel, meldete Correctiv am Mittwoch (10. Januar).
Ein Sprecher Weidels bestätigte Hartwigs Teilnahme an dem Treffen, betonte jedoch gleichzeitig, von einem Auftritt Sellners dort überrascht worden zu sein. Er teilte auf Anfrage mit: Frau Weidel "hatte aber keinerlei Kenntnis von den Teilnehmern. Auch Hartwig wusste vorab nichts von Sellner".
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Ein Sprecher der Partei teilte mit: "Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen ist, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern." Hartwig habe dort lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt, welches er im Aufbau mitbegleite.
AfD-Mann will als "Privatperson" dabei gewesen sein
Correctiv erhielt nach eigenen Angaben auf Nachfrage von einem Düsseldorfer Zahnarzt die Bestätigung, dass er "alleiniger Veranstalter" des Treffens gewesen sei. Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund bestätigte Correctiv dem Bericht zufolge seine Teilnahme: Er sei als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen.
In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, der Correctiv vorliegt und in den auch die Deutsche Presse-Agentur Einblick hatte, heißt es, bei der Veranstaltung werde ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt. Für die Teilnahme werde eine "Mindestspende von 5.000 Euro" erhoben. Correctiv berichtete unter Berufung auf Teilnehmer, Thema bei dem Treffen sei ein Vortrag Sellners zur "Remigration" gewesen.
Unter dem Begriff verstehen Fachleute die Rückkehr von Menschen, die geflohen oder eingewandert sind, in ihre Herkunftsländer. AfD-Politiker vertreten diese Forderung auch öffentlich. So sagte etwa der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio im November im Bundestag: "Was wir jetzt brauchen, ist nicht nur der sofortige Stopp der illegalen Migration. Wir brauchen die wirkliche, tatsächliche Rückführung, die komplette Abschiebung. Wir brauchen, meine Damen und Herren, endlich die wirkliche Remigration." Auf dem AfD-Europaparteitag 2023 forderte die Delegierte Irmhild Boßdorf öffentlich eine "millionenfache Remigration".
Abschiebung von deutschen Staatsbürgern
Der Begriff wird oft nicht klar umrissen. Bisweilen wird er im Zusammenhang mit Menschen ohne Aufenthaltsrecht genannt. Bei dem Potsdamer Treffen soll die Dimension jedoch größer gewesen sein. Mit dem Konzept, das Martin Sellner vorstellte, sollen Millionen Menschen aus Deutschland nach Afrika abgeschoben werden - auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.
Kontakte von AfD-Politikern zu dem Österreicher Sellner sind nicht neu, auch wenn die AfD offiziell auf Distanz zur Identitären Bewegung geht, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird. Der Schweriner AfD-Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer hatte sich Ende 2023 für seinen persönlichen Podcast mit Sellner unterhalten und dafür Kritik eingesteckt.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa