Prostitutionsgesetz
"Bordell Europas": CSU-Politikerin Bär für Sexkauf-Verbot in Deutschland
- Veröffentlicht: 12.09.2023
- 09:15 Uhr
- Joachim Vonderthann
Das Prostitutionsgesetz von 2002 sollte betroffene Frauen besser schützen. Stattdessen sei die Situation von Prostituierten in Deutschland inzwischen dramatisch, kritisiert Unionsfraktionsvize Bär.
Das Wichtigste in Kürze
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär will den Kauf von Sex in Deutschland verbieten.
Deutschland habe sich zum "Bordell Europas" entwickelt, moniert die Unionsfraktionsvize.
Sie fordert, die Käufer von Sexdiensten zu bestrafen und nicht die Prostituierten.
Die rot-grüne Koalition hatte vor rund zwanzig Jahren gute Absichten: Mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 wollte die Regierung von SPD-Kanzler Gerhard Schröder die rechtliche und soziale Lage von Prostituierten in Deutschland verbessern. Prostitution ist seitdem nicht mehr sittenwidrig, sondern ein ganz normales Gewerbe.
Bär: Deutschland ist Bordell Europas
Doch seit Inkrafttreten des Gesetzes gibt es auch massive Kritik an dessen Auswirkungen. Viele Expert:innen sehen teils einen gegenteiligen Effekt eingetreten. Anstatt die betroffenen Frauen zu schützen, seien Bordellbetreiber, die Sexindustrie und die Freier gestärkt worden, hieß es erst wieder in einer im Juni vorgestellten Studie.
Das sieht auch Unionsfraktionsvize Dorothee Bär (CSU) so und fordert eine radikale Wende um 180 Grad. "Die Situation von Prostituierten in Deutschland ist dramatisch. Wir brauchen dringend einen Paradigmen-Wechsel: ein Sexkauf-Verbot in Deutschland", sagt Bär der "Bild" (Dienstag).
Weiter sagt die CSU-Politikerin: "Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt. Deutschland ist mittlerweile auch weltweit als Land für Sex-Tourismus sehr attraktiv." Sie schätzt, dass in Deutschland rund 250.000 Prostituierte aktiv sind. Die meisten von ihnen kämen aus dem Ausland, nur ein ganz kleiner Teil sei bei den Behörden gemeldet.
CSU-Politikerin fordert Sexkauf-Verbot
Wie die Autor:innen der Studie vom Juni macht sich Bär für das "Nordische Modell" stark. Dieses gibt es zum Beispiel in Schweden. Es bestraft die Käufer von Sexdiensten und nicht die Prostituierten. Bär betont: "Das Beispiel Schweden zeigt: Mit einem Sexkauf-Verbot geht die Zahl der Prostituierten drastisch zurück."
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Auch die Autor:innen der im Juni vorgestellten Studie gingen mit der Prostitutionsgesetzgebung - neben dem Gesetz von 2002 gibt es auch noch das Prostitutionsschutzgesetz von 2016 - hart ins Gericht. Die Verbesserung der sozialen und rechtlichen Lebensverhältnisse von Menschen in der Prostitution, also die eigentliche Zielsetzung der Gesetze, sei "eindeutig verfehlt" worden, hieß es in der Untersuchung "Sexkauf – eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution".
Expert:innen kritisieren Gesetzgebung
Die Gesetze hätten stattdessen zu mehr Menschenhandel und Organisierter Kriminalität in Deutschland geführt. Der Co-Autor Ulrich Rommelfanger forderte bei der Vorstellung der Studie: "Der Staat muss seiner Schutzverpflichtung nachkommen und die andauernden Rechtsverletzungen beenden." Der ehemalige Richter am Thüringer Verfassungsgerichtshof nannte es zudem "befremdlich", dass der Staat bei seinen Gesetzen die Freiwilligkeit der Menschen in der Prostitution annehme. Bei mehr 90 Prozent der Prostituierten sei dies aber nicht der Fall.
- Verwendete Quellen: