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Umstrittener Mechanismus

Bundestag vor Diäten-Beschluss: Nächstes dickes Lohnplus für Abgeordnete?

  • Veröffentlicht: 07.03.2025
  • 18:23 Uhr
  • Oliwia Kowalak
Die Abgeordneten des Bundestages erhalten eine automatische Gehaltserhöhung – und diese fällt in diesem Jahr wieder üppig aus. (Archivbild)
Die Abgeordneten des Bundestages erhalten eine automatische Gehaltserhöhung – und diese fällt in diesem Jahr wieder üppig aus. (Archivbild)© Michael Kappeler/dpa

Auch in diesem Jahr könnten die üppigen Gehälter von Bundestagsabgeordneten weiter steigen. Doch nicht alle halten dies für fair. Kritiker plädieren sogar für die Abschaffung des Anpassungsmechanismus der Diäten von Parlamentariern.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Bis Ende März entscheidet der neu gewählte Bundestag über die Erhöhung der Diäten für Parlamentarier.

  • Der automatische Anpassungsmechanismus steht jedoch in der Kritik – AfD und Linke sprechen sich gegen das Plus aus.

  • Einige Experten fordern die Aufhebung der automatischen Erhöhung, da der Dialog mit der Bevölkerung fehle.

Nach der Bundestagswahl in Deutschland steht die Erhöhung der Diäten für die 630 Abgeordneten ganz oben auf der Agenda. Bis Ende März wird mitunter über die Gehaltsanpassung der Parlamentarier entschieden. Bereits im vergangenen Jahr erhielten die Politiker des deutschen Parlaments eine Rekorderhöhung auf 11.227,20 Euro monatlich. In diesem Jahr steht zum 1. Juli voraussichtlich ein Plus von 606 Euro für die Abgeordneten an.

Doch nicht alle Parteien halten den automatischen Lohnzuwachs für richtig. Besonders im Hinblick auf die Finanzierungskrise der Regierung: Ein Haushaltsloch im zweistelligen Milliardenbereich muss gestoppt werden. Gespart wird dann aber meistens an Sozialhilfeempfängern, die mit den steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr mithalten können. Ist das eigentlich fair? Nein, sagen die Linke und die AfD. Kritiker fordern sogar die Abschaffung des automatisch Anpassungsmechanismus und halten diesen für verfassungswidrig.

Im Video: Diäten steigen: So viel verdienen Bundestagsabgeordnete bald

Die Linke: "Abgehobene Gehälter fördern abgehobene Politik"

Kritik rührt sich in diesem Jahr wieder von links und rechts. So spricht sich die Linke als auch die AfD gegen eine weitere Erhöhung im Jahr 2025 aus. "Abgehobene Gehälter fördern abgehobene Politik: Die Abgeordneten gönnen sich mal wieder eine fette Gehaltserhöhung, während der Rest der Gesellschaft jeden Cent umdrehen muss. 606 Euro mehr im Monat – einfach so! Wer soll das noch verstehen?", hieß es seitens des Linken-Parteichefs Jan van Aken gegenüber der "Frankfurter Rundschau".

Die dicken Lohnzuwächse würden zu einem Vertrauensverlust in die Politik führen. "Und als Sahnehäubchen wächst mit jeder Diätenerhöhung auch noch die fette Altersversorgung der Abgeordneten. Nach nur vier Jahren im Bundestag gibt’s dann schon über 1.100 Euro Rente. Die meisten Menschen arbeiten ihr Leben lang für so eine Summe", fügte van Aken hinzu.

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Grünen, Union und SPD halten den Anpassungsmechanismus hingegen für richtig. Denn mit der Kopplung am Nominallohnindex ist es möglich, dass die Diäten auch fallen. "Wir halten es für richtig, dass sich die Entwicklung der Diäten an transparenten und berechenbaren Kriterien orientiert und die Abgeordneten nicht einfach selbst darüber entscheiden", sagte Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, der "Frankfurter Rundschau".

"Die Regelung im Abgeordnetengesetz, dass die Diätenentwicklung an die Lohnentwicklung koppelt, ist gut und wir sollten sie beibehalten. Dann steigen und sinken die Diäten automatisch wie die Löhne. Das verhindert, dass die Abgeordneten jedes Jahr in eigener Sache über die Höhe ihrer Diäten abstimmen.", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer und Justitiar der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner.

Umstrittenes Diäten-Gesetz: Kontrolle der Bevölkerung nötig

Die Diätenanpassung der Abgeordneten erfolgt seit 2014 automatisch zum 1. Juli. Sie wird auch als monatliche Abgeordnetenentschädigung bezeichnet, da sie als Entschädigung für Verdienstausfälle infolge des Mandats gilt. Vor 1906 war die Ausübung des Mandats ehrenamtlich, danach führte man Diäten für Mitglieder des Parlaments ein. Doch diese wurden von den Abgeordneten selbst beschlossen, was zu Aufruhr unter Bürgern sorgte.

Daher koppelte man 17. Februar 2014 per Gesetz die Höhe der Entschädigung an die jährliche Entwicklung des Nominallohnindex, orientiert am Gehalt eines Richters am Obersten Gerichtshof. Neben den Bezügen steigen gleichzeitig auch die Abgeordnetenpensionen im gleichen Rahmen. Allerdings kann der Bundestag auch beschließen, auf die Erhöhungen zu verzichten - so wie es 2020 zur Corona-Pandemie der Fall war.

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Schon bei der Verabschiedung des Diätengesetzes im Jahr 2014 kritisierten Staatsrechtler den Vorstoß der damaligen Großen Koalition. Das umstrittene Gesetz sei in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig, so der Vorwurf. Bei Gehältern entscheide der Bundestag in eigener Sache, und sei somit befangen. Folglich sei eine wirksame Kontrolle durch die Bevölkerung besonders wichtig, monierte Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, der an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer lehrt.

Zudem könne man Bundestagsabgeordnete nicht mit Richtern vergleichen, da sich hier der Berufsweg und die Qualifizierung signifikant unterscheiden. Ein Mandat verlangt keine bestimmte berufliche Qualifikation, so der Verfassungsrechtler. Für fragwürdig hielt man damals auch das Tempo, mit welchem das Gesetz beschlossen wurde: Etwa eine Woche soll es gedauert haben. Blitzschnell, um Kritiker nicht zu Wort kommen zu lassen, hieß es.

Umfrage: Bürger wollen keine einheitlichen Gehälter für Abgeordnete

Im Jahr 2024 stiegen die Gehälter der Abgeordneten so hoch, wie seit 1995 nicht mehr. Wie das Statistische Bundesamt damals bekannt gab, verbuchte der Nominallohnindex einen Zuwachs von sechs Prozent - was einer monatlichen Erhöhung von 635,50 Euro pro Bundestags-Mitglied entsprach.

Der Steuerzahlerbund kritisierte das dicke Lohnplus mit der Forderung, den automatisierten Mechanismus abzuschaffen. Zwar gilt die Abstimmung im Bundestag als transparent, jedoch fehle der Dialog mit der Bevölkerung: "Mit diesem Vollautomatismus findet keine Diskussion, keine Aussprache oder Erklärung der Abgeordneten im Bundestag gegenüber der Bevölkerung statt", so Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel zur Anpassung des Jahres 2024.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA aus dem Jahr 2022 hat außerdem ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen mit den Diäten unzufrieden ist. Demnach sprachen sich 51 Prozent dafür aus, die einheitlichen Diäten im Bundestag und in Landtagen abzuschaffen. Stattdessen sollten die Gehälter an die vorangegangenen Jobs der Abgeordneten angepasst werden, wie "Bild" berichtete.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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:newstime vom 12. März 2025 | 08:25
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