FOLGEN DES RUSSISCHEN ANGRIFFSKRIEGS
Ermittlung: Tausende Russinnen reisen für Geburt nach Argentinien
- Aktualisiert: 13.02.2023
- 19:45 Uhr
- Clarissa Yigit
Vermehrt reisen russische Schwangere nach Argentinien und bringen dort ihr Kind zur Welt. Danach beantragen sie für sich selbst die argentinische Staatsbürgerschaft. Das Land vermutet nun, dass ein kriminelles Netzwerk hinter allem steckt.
Das Wichtigste in Kürze
Tausende schwangere Russinnen reisen nach Argentinien zur Entbindung.
Eine Agentur organisiert die Einreise, Geburt und Behördengänge für 5.000 bis 15.000 US-Dollar.
Danach winkt ein argentinischer Pass mit all seinen Vorteilen.
Tausende schwangere Russinnen reisen nach Argentinien und bringen am Río de la Plata ihre Kinder zur Welt. Danach beantragen sie die argentinische Staatsbürgerschaft. Die Behörden prüfen nun, ob hinter dem "Geburtstourismus" ein kriminelles Netzwerk steckt, schreibt die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und bezieht sich auf einen Bericht der Zeitung "La Nación" vom Wochenende. So wurden bereits bei Hausdurchsuchungen im Stadtteil Puerto Madero in Buenos Aires Computer, Mobiltelefone, Einreisedokumente und Bargeld sichergestellt.
"Irgendwas ist komisch"
Allein am Freitag (10. Februar) waren nach Angaben der Zeitung 83 Frauen aus Russland am Flughafen von Buenos Aires gelandet, von denen 16 schwanger waren. Die Chefin der Einwanderungsbehörde, Florencia Carignano, meinte dazu: „Irgendwas ist komisch, wenn Schwangere in der 34. Woche kommen. Deshalb vermuten wir, dass sie nicht nur Urlaub machen wollen."
Ausländerinnen sei es zwar nicht untersagt, für die Geburt ihres Kindes nach Argentinien zu kommen, erklärte Carignano weiter. Allerdings bräuchten sie dafür ein spezielles Visum. "Einige kommen, bringen hier ihre Kinder zur Welt, setzen einen Bevollmächtigten für die weiteren Behördengänge ein und reisen wieder ab", erklärt sie in einem Interview des Fernsehsenders TN.
Agentur organisiert "Entbindungsreise"
Für 5.000 US-Dollar bis 15.000 US-Dollar organisiert die Agentur RuArgentina die Reise, Entbindung und Behördengänge für die Russinnen nach Argentinien. "Die Frauen können mehr oder weniger Beratung und Hilfe buchen," erklärte der Chef der Agentur, Kirill Makoveev, im Interview mit der Zeitung “La Nación". „Wir können uns um alles kümmern. Den Unterschied machen die Spezialisten, die wir engagieren – davon hängt der Tarif ab."
Krankenhäuser sind auf schwangere Russinnen eingestellt
Das Personal in den Krankenhäusern in Buenos Aires hat sich bereits auf die schwangeren russischen Frauen eingestellt. Eine Verwaltungsangestellte des Hospitals Rivadavia erklärte gegenüber der Zeitung "La Nación": "Ich kenne schon ein paar Worte und Sätze auf Russisch, um sie zu verstehen. Wenn sie zum Geburtstermin in die Klinik kommen, bringen sie eine Übersetzerin mit – es ist immer dieselbe. So etwas haben wir noch nie gesehen."
Warum gerade Argentinien?
Hintergrund für die verstärkte Einreise russischer Frauen nach Argentinien dürften die strengeren Einreiseregeln für russische Staatsbürger:innen beispielsweise in der Europäischen Union sein. Dies ist eine Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Daher wurde von der EU das Visaerleichterungsabkommen mit Russland im September vergangenen Jahres vorerst ausgesetzt.
Alleine in den vergangenen drei Monaten seien mehr als 5.800 schwangere Russinnen gekommen, wie die Einwanderungsbehörde beschreibt.
Kinder, die in Argentinien geboren werden, erhalten automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft. Paare aus Russland, die Eltern eines argentinischen Kindes sind, können recht einfach eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung und später auch die Staatsangehörigkeit beantragen, mit der sie in mehr als 160 Länder reisen können. Zudem kann ein Visum für die USA für zehn Jahre beantragen werden.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa