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Wasser predigen, aber Wein trinken

Klimaforscher fordert Inlandsflug-Verbot - hält sich aber selbst nicht dran

  • Veröffentlicht: 21.07.2023
  • 14:54 Uhr
  • Stefan Kendzia
Er fordert ein Verbot von Inlandsflügen: Trotzdem fliegt Klimaforscher Schellnhuber von Berlin nach München.
Er fordert ein Verbot von Inlandsflügen: Trotzdem fliegt Klimaforscher Schellnhuber von Berlin nach München.© Wikipedia/Mueller/MSC

Bereits 2019 ist der Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber mit einer unpopulären Forderung aufgefallen: Ein Inlandsflug-Verbot sollte her. Mit gutem Beispiel geht er allerdings nicht voran - er nutzt selbst hin und wieder innerdeutsche Flugverbindungen.

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Wer Wasser predigt, sollte nicht unbedingt gleichzeitig Wein trinken. Der Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber macht das aber trotzdem. Er nutzt nämlich manchmal Inlandsflüge - obwohl er sich schon seit 2019 für deren Verbot einsetzt. Das Warum hat Schellnhuber in einem Interview mit dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND) verraten.

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Der renommierteste deutsche Klimaforscher nutzt Inlandsflüge

Hans-Joachim Schellnhuber. Renommiertester Klimaforscher Deutschlands. Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Langjähriges Mitglied des Weltklimarats und von Merkel ernannter Chefberater der Bundesregierung in Fragen des Klimawandels und der internationalen Klimapolitik. Ein honoriger Mann also. Neben dem Erhalt der Klimaziele setzt er sich seit 2019 für ein Inlandsflug-Verbot ein. Warum nutzt Schellnhuber trotzdem das klimaschädliche Transportmittel?

Auf einem kürzlich wahrgenommenen Inlandsflug steht er dem "RND" Rede und Antwort: "Ich musste aus familiären Gründen innerhalb eines halben Tags von Potsdam nach Fürstenfeldbruck und zurück." Dabei fahre er fast immer mit dem Zug. Wegen der Klimafreundlichkeit und weil er im Zug besser arbeiten könne, wie er sagt.

Man kann nicht immer das klimafreundlichste Verkehrsmittel wählen – das wäre sowieso das Zuhause bleiben

Hans-Joachim Schellnhube, Klimaforscher

Als Vielfahrer mit der Bahn kennt er allerdings auch deren Nachteile: "Ich hatte allerdings viele Verspätungen in den vergangenen Monaten, manchmal bis zu drei Stunden, und bin manchmal erst weit nach Mitternacht zu Hause gewesen." Beim letzten Mal war aber das auch aufgrund des engen Zeitplans keine Option - trotz ICE-Pendelstrecke zwischen Berlin und München: "Man kann nicht immer das klimafreundlichste Verkehrsmittel wählen – das wäre sowieso das Zuhause bleiben. Weil ich beruflich viel reise, ist mein CO₂-Fußabdruck über die Jahrzehnte ohnehin größer als der von vielen anderen. [...] Trotzdem bin ich kein Klima-Heiliger. Aber wenn wir für die Bewältigung der Klimakrise erst alle Heilige, Helden oder Genies werden müssten, dann hätten wir bestimmt keine Chance."

Trotzdem bleibt er beim Inlandsflugverbot. Allerdings mit der Forderung, dann aber auch mehr Geld in die Schiene zu investieren und somit für zuverlässigere Hochgeschwindigkeitsverbindungen in Deutschland und Europa zu sorgen. Das wäre dann tatsächlich eine Alternative, bei der Inlandsflüge verzichtbar werden würden. Unterm Strich muss aber bedacht werden, dass Flüge nur zwei bis drei Prozent der globalen CO₂‑Emissionen ausmachen. Bei fast 40 Prozent liege das Siedlungswesen. Grundsätzlich aber müsse man an mehreren Strängen ziehen und statt Streit lieber schnell Lösungen nutzen, die bereits bestünden. Auch dafür wäre eine Bauwende notwendig.

  • Verwendete Quellen:
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