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Flug MH17 abgeschossen

Lebenslange Haft für drei Angeklagte - Russland lehnt Urteil ab

  • Aktualisiert: 17.11.2022
  • 20:33 Uhr
  • Momir Takac
Die abgeschossene Boeing 777-200ER konnte mit Trümmerteilen teilweise wiederhergestellt werden.
Die abgeschossene Boeing 777-200ER konnte mit Trümmerteilen teilweise wiederhergestellt werden.© IMAGO / ITAR-TASS

298 Menschen starben, als 2014 Flug MH17 über der Ostukraine abgeschossen wurde. Jetzt wurden drei Angeklagte verurteilt. Doch ihrer Strafe dürften sie entkommen.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Juli 2014 traf eine russische Luftabwehrrakete über der Ostukraine ein Passagierflugzeug - alle 298 Insassen starben.

  • Jetzt sind drei Angeklagte zur Höchststrafe verurteilt worden.

  • Russland wies das Urteil als politisch motiviert zurück.

Gut acht Jahre nach dem Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine ist in Amsterdam das Urteil gegen vier Angeklagte gefallen. Ein Strafgericht verurteilte zwei Russen und einen Ukrainer wegen Mord in 298 Fällen zu lebenslanger Haft - die Höchststrafe. Ein weiterer Beschuldigter wurde freigesprochen.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Männer dafür verantwortlich waren, die russische Rakete vom Typ Buk zu beschaffen. Das Luftabwehrgeschoss hatte die Passagiermaschine der Malaysia Airlines am 17. Juli 2014 in rund zehn Kilometern Höhe getroffen und zum Absturz gebracht. Alle Insassen, darunter vier Deutsche, starben dabei.

MH17-Abschuss: Gericht sieht indirekt Verantwortung Russlands

Das Gericht stellte zudem indirekt eine Verantwortung Russlands fest. Damals tobten im ostukrainischen Donbass bereits Kämpfe. Internationale Ermittler fanden heraus, dass die Buk-Rakete aus Russland kam und der russischen Armee gehörte. Das Geschütz, von dem sie abgefeuert worden war, war anschließend über die Grenze zurück nach Russland geschafft worden.

Diese Einschätzungen teilt das Gericht. Russland hätte faktisch das Gebiet kontrolliert, sagte der Vorsitzende Richter Hendrik Steenhuis. "Russland lieferte Waffen, Soldaten und andere Güter." Moskau wies bisher alle Vorwürfe entschieden zurück und machte vor allem die Ukraine verantwortlich.

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Moskau weist MH17-Urteil als politisch motiviert zurück

Kurz nach der Urteilsverkündung meldete sich das russische Außenministerium zu Wort und wies den Schuldspruch als politisch motiviert zurück. "Sowohl der Verlauf als auch die Ergebnisse der Verhandlung zeugen davon, dass ihr der politische Auftrag zugrunde lag, die Version (...) von einer Beteiligung Russlands an der Tragödie zu stärken", teilte das Ministerium auf seiner Homepage mit. Das Gericht hatte der Kreml um Präsident Wladimir Putin ohnehin nie anerkannt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte das Urteil "wichtig". "Doch ist es notwendig, auch die Auftraggeber zur Rechenschaft zu ziehen", schrieb er auf Twitter und machte deutlich, dass er die russische Führung in der Verantwortung sieht.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach auf Twitter von einem wichtigen Zeichen. "Für solche Verbrechen darf es keine Straflosigkeit geben." "Mit dem Urteil sind wir einen Schritt näher an der Wahrheit und Gerechtigkeit für die Opfer und Angehörigen", schrieb der niederländische Premier Mark Rutte.

MH17-Abschuss: Verurteilte werden Strafe wohl nie verbüßen

Doch ob die Verurteilten ihre Strafe jemals verbüßen werden, darf bezweifelt werden. Im Gericht befand sich keiner von ihnen, einzig der freigesprochene Russe Oleg Pulatow ließ sich anwaltlich vertreten. Die drei Verurteilten sollen sich in Russland befinden. "Das Land darf eigene Bürger nicht ausliefern", sagte Marieke de Hoon, Dozentin für internationales Strafrecht an der Universität von Amsterdam.

Als Hauptschuldiger gilt Igor Girkin. Er war einst russischer Geheimdienstoffizier, Kommandant der Separatisten im Donbass und Verteidigungsminister. Sergej Dubinski, ein früherer russischer Offizier und Stellvertreter Girkins, hatte die Beschaffung und den Transport der Rakete dem Urteil zufolge koordiniert. Leonid Chartschenko, der einzige Ukrainer und Leiter einer Kampfeinheit in der Region, war dem Urteil zufolge direkt an der Lieferung beteiligt und hatte die Befehle zum Einsatz gegeben.

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
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