Krieg in Nahost
Nach Luftangriff: UN beklagen furchtbare Lage in Gazas Krankenhäusern
- Aktualisiert: 14.07.2024
- 19:31 Uhr
- dpa
Nach dem Luftangriff Israels auf Chan Junis mit zahlreichen Toten weist der Direktor des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge in Gaza auf das Leid der Zivilbevölkerung und die Not in Krankenhäusern hin.
Nach einem israelischen Luftangriff auf den Militärchef der Hamas mit zahlreichen Toten weist UN-Vertreter Scott Anderson auf das Leid palästinensischer Zivilisten und die Not in Krankenhäusern hin. Der Direktor des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge in Gaza sprach von einigen der schrecklichsten Szenen, die er in den vergangenen neun Monaten gesehen habe.
In dem Krankenhaus von Chan Junis, das er besucht habe, gebe es nicht genügend Betten, viele Patienten würden auf dem Boden und ohne ausreichende Desinfektionsmöglichkeiten behandelt, sagte Anderson. "Die Luft war voller Blutgeruch."
Verzweifelte Eltern hätten ihm gesagt, dass sie in die humanitäre Zone gezogen seien in der Hoffnung, dass ihre Kinder dort sicher wären, sagte Anderson. Er forderte dazu auf, Zivilisten jederzeit zu schützen. Eine Waffenruhe sei dringend notwendig, und die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln müssten freigelassen werden.
Im Video: Schwerer Angriff Israels auf Hamas - Dutzende Menschen im Gazastreifen sterben
Hamas-Militärchef Anlass für Luftangriff
Die israelische Armee hatte am Samstag im Gazastreifen den Anführer des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif, angegriffen und dabei Dutzende andere Menschen getötet. Ob auch Deif bei dem Luftangriff getötet oder verletzt wurde, blieb ungewiss.
Am Sonntag bestätigte das israelische Militär, dass bei dem Angriff der Kommandant der Chan-Junis-Brigade der Hamas, Rafa Salama, getötet wurde. Er galt als enger Mitarbeiter Deifs, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs an seiner Seite befunden haben soll. Über das Schicksal des Hamas-Militärchefs äußerte sich die Armee am Sonntag nicht.
Hamas: "Deif geht es gut"
Ein Hamas-Vertreter in Beirut bestritt am Sonntag, dass Deif getötet worden sei. "Mohammed Deif geht es gut, und er befiehlt weiterhin den Widerstand gegen den israelischen Feind", sagte der Hamas-Funktionär Ali Barakeh der Deutschen Presse-Agentur in Beirut.
Deif ist der Chef der Kassam-Brigaden und Stellvertreter des Gaza-Chefs der Hamas, Jihia al-Sinwar. Israel hat sich als ein Ziel im Gaza-Krieg gesetzt, Sinwar und Deif gefangenzunehmen oder zu töten.
Deif wird oft das "Phantom" genannt. Die israelische Zeitung "Haaretz" bezeichnete ihn als "wandelnden Geist", der mindestens sieben israelische Anschläge überlebt habe. Der 58-Jährige gilt als einer der von Israel meistgesuchten Terroristen. Seit den 1990er Jahren kämpft er in den Reihen der Hamas. Bis vor gut einem halben Jahr ging man in Israel davon aus, dass Deif mehrere Gliedmaßen verloren und eine Vielzahl körperlicher Behinderungen hat. Bis schließlich Aufnahmen auftauchten, die Deif mit beiden Armen und beiden Beinen zeigten.
Verhandlungen sollen fortgesetzt werden
Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem israelischen Militäreinsatz mindestens 90 Menschen getötet. Mindestens 300 weitere Menschen seien zudem in der humanitären Zone Al-Mawasi verletzt worden, teilte die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit. Diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Ein Vertreter des politischen Flügels der islamistischen Hamas dementierte Berichte, wonach die indirekten Verhandlungen mit Israel über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln abgebrochen werden. Es treffe nicht zu, dass die Hamas eine solche Entscheidung nach dem israelischen Luftangriff getroffen habe, hieß es in einer Mitteilung auf dem Hamas-Kanal bei Telegram.
Weitere Geisel-Gespräche in Katar
Israelischen Medienberichten zufolge will der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Daniel Barnea, in den kommenden Tagen zu einer weiteren Runde der Geisel-Gespräche in die katarische Hauptstadt Doha reisen.
Bei den seit Monaten laufenden Verhandlungen geht es um den Austausch der verbliebenen Geiseln in der Gewalt der Hamas gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen sowie eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Lieferung humanitärer Hilfsgüter. Die indirekten Gespräche verlaufen schleppend. Israel lehnt bislang die Forderung der Hamas nach einer dauerhaften Waffenruhe ab.
Terroranschlag nahe Ramla
Bei einem mutmaßlichen Terroranschlag sind drei Menschen nahe der israelischen Stadt Ramla zum Teil schwer verletzt worden. Nach Angaben von Polizei und Rettungsdienst fuhr der Täter mit einem Auto in eine Gruppe von Fußgängern an einer Bushaltestelle. Die Haltestelle liegt an einer Kreuzung in unmittelbarer Nähe einer Kaserne. Ein Polizeisprecher sagte, der aus Ost-Jerusalem stammende Fahrer des Wagens sei "neutralisiert" worden - dabei blieb unklar, ob er getötet oder verletzt wurde.
In Hebron im Westjordanland nahmen Grenzpolizisten Medienberichten zufolge eine 37 Jahre alte Palästinenserin fest, in deren Tasche ein Messer gefunden worden war. Sie wird verdächtigt, einen Messerangriff geplant zu haben. Den Berichten zufolge gab sie nach ihrer Festnahme an, ihr Mann sei als Mitglied der islamistischen Hamas in einem israelischen Gefängnis inhaftiert.
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Reaktionen in Israel
In Israel demonstrierten am Samstagabend erneut Tausende Menschen. Sie forderten Regierungschef Benjamin Netanjahu auf, die noch rund 120 Geiseln in der Gewalt der Hamas nach Hause zu bringen. "Wir fordern, dass Sie aufhören, das Abkommen zu sabotieren, wir fordern, dass Sie das Abkommen unterzeichnen", wurde die Mutter einer Geisel von israelischen Medien zitiert.
Die israelische Luftwaffe griff am Samstag nach Beschuss durch die proiranische Hisbollah Stellungen der Miliz im Südlibanon an. Wie die israelische Armee mitteilte, sei die Anlage bombardiert worden, von der aus zuvor Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert worden seien.