Ampel stellt neues Papier vor
Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland - aber kein Sicherheitsrat
- Veröffentlicht: 14.06.2023
- 09:14 Uhr
- Joachim Vonderthann
Die Bundesregierung will Deutschland erstmals eine Nationale Sicherheitsstrategie geben. Experten zweifeln aber, ob diese in der Ampel-Koalition wirklich umgesetzt wird.
Das Wichtigste in Kürze
Deutschland bekommt erstmals eine Nationale Sicherheitsstrategie.
Nach monatelangen Diskussionen stellt die Ampel das Papier am Mittwoch vor.
Eine Einigung auf einen Nationalen Sicherheitsrat gelang der Regierung aber nicht.
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Deutschland soll erstmals eine Nationale Sicherheitsstrategie bekommen. Nach monatelangen Verhandlungen soll das mehr als 40 Seiten starke Papier am Mittwochvormittag (14. Juni) vom Kabinett beschlossen werden. Im Anschluss wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und gleich vier seiner Ministerinnen und Minister auf einer Pressekonferenz die neue Strategie vorstellen.
Deutschland bekommt erstmals Nationale Sicherheitsstrategie
Die Grundidee darin ist, erstmals alle inneren und äußeren Bedrohungen für die Sicherheit des Landes zu berücksichtigen. Also neben der militärischen Bedrohung etwa auch Cyber-Attacken, mögliche Anschläge auf kritische Infrastruktur und den Klimawandel.
Zweifel gibt es auch an der Umsetzung der Strategie durch die Ampelparteien. So begrüßt der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, zwar die Grundidee, betont aber zugleich: "Der entscheidende und der schwierigste Punkt ist regelmäßig nicht die Erarbeitung eines Dokuments, sondern seine Umsetzung." In einer Dreierkoalition wie jetzt im Bund werde eine gemeinsame Umsetzung "vermutlich auf der Strecke bleiben", sagte Ischinger im Deutschlandfunk.
Zweifel an Umsetzung durch Ampel-Parteien
Mit dem Thema Sicherheit sind die meisten Bundesministerien befasst - die einen mehr, die anderen weniger. Eine Gesamtstrategie für alle gab es bisher aber nicht. Das Verteidigungsministerium erarbeitete zwar immer wieder mal Weißbücher zur Sicherheitspolitik - zuletzt 2016. Aber darin ging es um die äußere Sicherheit, vor allem um die Landes- und Bündnisverteidigung. In ihren Koalitionsverhandlungen verständigten sich SPD, Grüne und FDP darauf, erstmals eine umfassende Sicherheitsstrategie zu erarbeiten, wie es sie zum Beispiel in den USA und Japan schon gibt.
Ursprünglich sollte die Sicherheitsstrategie schon im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt werden, wo sich jedes Jahr viele Hundert Regierungsvertreter, Experten und Journalisten aus aller Welt versammeln. Dieser Termin hätte für große internationale Aufmerksamkeit rund um das Ampel-Papier gesorgt.
Scholz und Baerbock konnten sich nicht einigen
So schnell konnten sich aber Kanzler Scholz und seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die beiden Hauptakteure im Verhandlungsprozess, nicht verständigen. Der Knackpunkt: Soll ein Nationaler Sicherheitsrat als Schaltstelle in der Regierung gebildet werden? Das Auswärtige Amt fürchtete, an Einfluss zu verlieren, wenn das Kanzleramt die Federführung in dem Gremium übernimmt - eine Machtfrage also. Am Ende entschied man sich dafür, alles so zu lassen, wie es ist.
Nach allem, was bisher bekannt ist, wird die deutsche Sicherheitspolitik in dem Papier nicht neu erfunden. Es soll sich Vieles darin wiederfinden, was auch schon im Koalitionsvertrag steht. Was einzelne Länder oder Regionen angeht, soll das Dokument nicht ins Detail gehen. Für die China-Politik soll es noch in diesem Jahr eine eigene Strategie geben. Was Russland und die Ukraine angeht, ist einerseits schon vieles gesagt und andererseits die Situation so dynamisch, dass es kaum möglich ist, weit in die Zukunft zu schauen.
Länder fühlen sich nicht mitgenommen
Dass die Länder - anders als ursprünglich erwartet - nicht in die Beratungen einbezogen wurden, sorgt auf deren Seite für Kritik. "Wenn die Bundesregierung ein ernsthaftes Interesse daran hätte, eine zukunftsweisende Sicherheitsstrategie zu entwickeln, so hätte sie die Länder in geeigneter Form über die fachlichen Arbeitskreise der Innenministerkonferenz beteiligen müssen", sagt Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU), Sprecher der unionsgeführten Innenministerien. Dies sei trotz mehrmaliger Aufforderung über die Innenministerkonferenz bis zuletzt nicht erfolgt.
Der Rahmen für die Präsentation des Papiers in einer Pressekonferenz gleich nach der Kabinettssitzung könnte größer kaum sein. Neben dem Kanzler und der Außenministerin sind dabei: Finanzminister Christian Lindner (FDP), Verteidigungsminister Boris Pistorius und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD). Der Kanzler und vier Kabinettsmitglieder in der Bundespressekonferenz, beim Verein der Hauptstadtjournalisten - das gab es noch nie.
Kanzler und gleich vier Minister:innen stellen Papier vor
Mit drei Ministern und Ministerinnen hatte zuletzt Gerhard Schröder 1999 dort auf dem Podium gesessen. Damals ging es um den Haushalt und Schröder wurde von den Ministern Hans Eichel (Finanzen, SPD), Walter Riester (Arbeit, SPD) und Andrea Fischer (Grüne, Gesundheit) begleitet. Nur zum Internationalen Frauentag 2001 saßen mit sieben Ministerinnen noch mehr Regierungsvertreterinnen auf dem Podium.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa