Ukraine-Unterstützung
Pistorius warnt: Putins Kriegswirtschaft könnte Europas Kapazitäten übersteigen
- Veröffentlicht: 18.11.2024
- 14:35 Uhr
- Babette Büchner
Russland hat auf Kriegswirtschaft umgestellt, sagt Boris Pistorius. Sollten die USA keine Waffen mehr an die Ukraine liefern, sieht er kaum Chancen, dass Europa das kompensieren kann.
Das Wichtigste in Kürze
Sollten die USA die Ukraine nicht mehr militärisch unterstützen, könnte Europa das kaum kompensieren, sagt der deutsche Verteidigungsminister.
Gespräche mit der Opposition sollen verhindern, dass dem Ampel-Bruch Ausgaben für die Verteidigung zum Opfer fallen.
Laut Ifo-Institut gibt es in Europa eine Lücke von rund 230 Milliarden Euro an notwendigen Verteidigungsinvestitionen.
Wird der neu gewählte US-Präsident Donald Trump seine Militär-Hilfen für die Ukraine tatsächlich kürzen oder gar streichen? In dem Fall könnte Europa nicht und schon gar nicht sofort, kompensieren, was die Amerikaner geliefert haben. Davor hat Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntagabend (17. November) in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" gewarnt. Man könne zwar den Beitrag hochfahren in Europa, aber nicht von jetzt auf gleich, so der Minister. Russland habe auf Kriegswirtschaft umgestellt. Das Land produziere inzwischen in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie alle Länder der Europäischen Union in einem Jahr.
Anzeichen, dass Kreml-Chef Wladimir Putin seinen Kurs in naher Zukunft ändert, sieht Pistorius nicht. Es sei zwar richtig gewesen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit ihm telefoniert habe, um unsere Erwartungen deutlich zu machen. Keine 48 Stunden nach dem Telefonat habe Putin aber gezeigt, was er von Friedensverhandlungen oder von einem Waffenstillstand halte, so Pistorius. "Er hat in einer schon lange nicht mehr da gewesen Art und Weise zivile Infrastruktur in der Ukraine bombardieren lassen aus der Luft. Also das ist jetzt hier tatsächlich ein klarer Beweis, auch gerade an die Adresse von BSW und AfD."
Kriegstüchtig auch nach Ampel-Bruch?
Der Minister hatte in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass Deutschland bis 2029 kriegstüchtig werden müsse. Ein Ziel, dass er nach dem Bruch der Ampel-Koalition gefährdet sieht. Der Machtkampf zwischen der rot-grünen Minderheitsregierung und der Union könnte zu Lasten der Ausrüstung der Bundeswehr gehen. Man sei in Gesprächen mit CDU und FDP.
Im Video: Kanzler Scholz unter Druck - mehr Stimmen für Pistorius aus der SPD
Nach Berechnungen des Ifo-Instituts müssten die europäischen Länder mehr als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, um ohne den Schutzschirm der USA verteidigungsfähig zu werden. Der Nachholbedarf sei riesig, sagt Ifo-Forscher Florian Dorn: "Da Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der NATO in den letzten drei Jahrzehnten stets verfehlt hat, klafft heute eine Lücke von rund 230 Milliarden Euro an notwendigen Verteidigungsinvestitionen."
Ifo: Zwei Prozent des BIP reicht nicht
Von den europäischen NATO-Staaten gaben nur Polen und Großbritannien seit 1990 jährlich mehr als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Nach Trumps Wahlsieg in den USA müssten die europäischen Staaten ihre Anstrengungen deutlich erhöhen, sagt Dorn.
Im internationalen Vergleich müssten Europäer grundsätzlich mehr Geld aufwenden: "Die Löhne für Soldaten und Kosten für militärische Ausrüstung sind beispielsweise in Russland oder China deutlich niedriger als in westeuropäischen Ländern. Russland kann sich folglich für den gleichen Betrag mehr leisten als westliche Staaten mit höherem Lohn- und Preisniveau", sagt Dorn.
- Verwendete Quellen:
- ARD-Mediathek.: "Bericht aus Berlin vom 17. November 2024"
- Nachrichtenagentur dpa