Koalition in der Krise
Platzt die Ampel nach Trumps Wahlsieg? Showdown im Kanzleramt
- Aktualisiert: 06.11.2024
- 17:09 Uhr
- Damian Rausch
Die Ampel-Koalition in Deutschland steht vor einem möglichen Aus - nach monatelangen Streitereien könnte heute Abend entschieden werden, ob SPD, Grüne und FDP gemeinsam weiterregieren oder die Koalition zerbricht.
Das Wichtigste in Kürze
Am heutigen Mittwoch (6. November) dürfte sich entscheiden, ob die Ampel-Koalition trotz Haushaltskrise und Differenzen in der Wirtschaftspolitik zusammenbleibt.
Christian Lindners Forderungen verschärfen die Spannungen, doch Robert Habeck zeigt sich kompromissbereit.
Scheitern die Verhandlungen, drohen eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen.
Im Kanzleramt finden heute (6. November) entscheidende Gespräche zwischen den Spitzen der Ampel-Koalition statt - ausgerechnet am Tag des Wahltriumphs von Donald Trump in den USA. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kommen zusammen, um mögliche Lösungswege für das Milliardenloch im Haushalt 2025 und zur Stabilisierung der angeschlagenen deutschen Wirtschaft zu finden, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa, 6. November). Sollte es gelingen, eine gemeinsame Vorlage zu erarbeiten, könnte die anschließende Sitzung des Koalitionsausschusses zur Formsache werden. Ein Scheitern hingegen könnte das Ende der Ampel-Koalition bedeuten.
Eine zerstrittene Koalition am Scheideweg
Bereits vor einigen Wochen rief Lindner den "Herbst der Entscheidungen" für die Ampel-Koalition aus. Besonders der Haushalt für das kommende Jahr sowie die nötige Strategie zur Überwindung der Wirtschaftskrise sorgen für Streit. Lindner fordert in diesem Zusammenhang einen Kurswechsel, unter anderem die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener. Dies wird von SPD und Grünen jedoch scharf abgelehnt. Robert Habeck zeigte sich dennoch kompromissbereit und schlug vor, die durch den verzögerten Bau eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördergelder für den Haushalt einzusetzen. "Nun erwarte ich allerdings auch, dass die anderen im eigenen Bereich mal Vorschläge machen", sagte Habeck laut dpa.
Szenario 1: Einigung und Fortsetzung der Koalition
Seit Montag (4. November) suchen Scholz, Habeck und Lindner nach einer Lösung. Falls sie sich auf eine gemeinsame Linie einigen und der Koalitionsausschuss dies absegnet, würde der Haushaltsplan am 14. November in einer Bereinigungssitzung weiter beraten. Eine Zustimmung des Bundestags wäre dann Ende November erforderlich. Auch nach einer Einigung blieben jedoch strittige Themen wie Rentenpolitik und Migration ungelöst.
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Szenario 2: Scheitern und Bruch der Ampel-Koalition
Scheitert der heutige Verhandlungstag, droht das Ende der Ampel-Regierung. Eine Möglichkeit wäre der Ausstieg der FDP aus der Regierung, die dann nur noch aus SPD und Grünen bestehen würde. Alternativ könnte Scholz die FDP-Minister entlassen, was jedoch als unwahrscheinlich gilt. Scholz machte bislang nicht den Eindruck, er würde die Geduld verlieren, und forderte seine Koalitionspartner am Dienstag (5. November) auf, sich zusammenzuraufen: "Klar ist, es ginge", so Scholz. "Insofern ist die Frage nicht, ob man es überhaupt hinkriegen kann, sondern es ist möglich, und da müssen jetzt alle arbeiten."
Mögliche Folgen eines Ampel-Aus: Neuwahlen oder Minderheitsregierung?
Sollte die FDP die Koalition verlassen, stünden SPD und Grüne vor der Entscheidung, als Minderheitsregierung weiterzumachen oder Neuwahlen anzustreben. Eine Minderheitsregierung wäre jedoch bei jeder Bundestagsentscheidung auf Unterstützung der Opposition angewiesen. Die CDU/CSU drängt auf Neuwahlen und würde sich kaum kooperativ zeigen. Ein wahrscheinliches Szenario wäre daher, dass Kanzler Scholz über die Vertrauensfrage Neuwahlen einleitet.
Internationale Unsicherheit als Druckfaktor
Ein möglicher internationaler Einfluss auf die Verhandlungen: Die heutige Entscheidung fällt parallel zum Wahlsieg Trumps bei der US-Wahl, der weltweit für Unsicherheit sorgen könnte. In diesem Szenario könnten die Koalitionspartner laut dpa stärker dazu geneigt sein, eine Einigung zu suchen, um für stabile Verhältnisse in Deutschland zu sorgen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa