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Regierungserklärung 

Scholz zum Ukraine-Krieg: Keine Verhandlungen "mit der Waffe an der Schläfe"

  • Aktualisiert: 03.03.2023
  • 08:40 Uhr
  • Max Strumberger

Bundeskanzler Scholz zieht in seiner Regierungserklärung "Ein Jahr Zeitenwende" Zwischenbilanz zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Für Friedensverhandlungen sieht er noch keine Grundlage.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Jahr ist die Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz jetzt her.

  • Nun hat der Bundeskanzler Bilanz gezogen.

  • Eine Friedensperspektive im Ukraine-Krieg sieht Scholz aktuell nicht.

Gut ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) klargemacht, dass er noch keine Grundlage für Friedensverhandlungen sieht. "Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln - außer über die eigene Unterwerfung", sagte er am Donnerstag (2. März) in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine."

Ähnlich äußerte sich auch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU): "Wenn Russland heute die Waffen schweigen lässt, dann ist morgen der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine heute die Waffen niederlegt, dann ist morgen das ukrainische Volk und die Ukraine als Staat am Ende."

"Nie wieder Angriffskrieg" statt "Nie wieder Krieg"

Scholz forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin eindringlich auf, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen, um den Krieg zu beenden. Der Ukraine sagte er gleichzeitig zu, bei der militärischen Unterstützung nicht nachzulassen. Frieden schaffen bedeute eben auch, sich Aggression und Unrecht klar entgegenzustellen.

Mit Blick auf die Demonstration gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen, zu der die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer aufgerufen hatten, sagte Scholz: "Man schafft auch keinen Frieden, wenn man hier in Berlin "Nie wieder Krieg" ruft - und zugleich fordert, alle Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen." Heute bedeute "Nie wieder", dass der Angriffskrieg nicht als Mittel der Politik zurückkehren dürfe. "Unser "Nie wieder" bedeutet, dass sich Putins Imperialismus nicht durchsetzen darf."

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Diesmal kaum Applaus aus der Union

Scholz stellte seine Regierungserklärung unter den Titel "Ein Jahr Zeitenwende" und nahm damit Bezug auf seine Rede am 27. Februar 2022 in einer Sondersitzung des Bundestags drei Tage nach Kriegsbeginn. "Wir erleben eine Zeitenwende. Das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor", sagte Scholz damals und kündigte einen Paradigmenwechsel in der deutschen Sicherheitspolitik an. Dazu zählten ein 100-Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr und Waffenlieferungen an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen Russland - ein Tabubruch.

Vor einem Jahr bekam Scholz für seine Rede noch viel Applaus aus den Reihen der CDU und CSU für seine Ankündigungen. Diesmal blieb der weitgehend aus. Die Union wirft ihm vor, dass die Modernisierung der Streitkräfte nur schleppend vorankommt. Von den 100 Milliarden Euro Sondervermögen ist laut Finanzministerium 2022 noch kein Cent ausgegeben worden. Das Verteidigungsministerium weist allerdings darauf hin, dass rund 30 Milliarden Euro bereits verplant seien. Merz fragte Scholz in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung: "Was ist eigentlich im zweiten Halbjahr 2022 geschehen, dass diese Zusagen, die Sie gegeben haben, auch umgesetzt werden?"

Scholz bekräftigt Zwei-Prozent-Ziel

Scholz wies die Vorwürfe aus der Opposition zurück. Deutschland sei "im Lichte der Zeitenwende widerstandsfähiger" geworden. "Am deutlichsten wird das, wenn man auf die Bundeswehr blickt. Wir machen Schluss mit der Vernachlässigung der Streitkräfte." Dafür erntete Scholz lautes Lachen vor allem aus den Reihen der AfD.

Der Kanzler bekräftigte, dass Deutschland das Nato-Ziel dauerhaft erreichen wolle, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt", sagte er. 2022 lag der Anteil nach der offiziellen Nato-Statistik erst bei 1,44 Prozent. Für das laufende Jahr werden nach internen Berechnungen der Bundesregierung 1,6 Prozent erwartet. Um die zwei Prozent zu erreichen, müsste der Wehretat um 15 auf 65 Milliarden Euro aufgestockt werden.

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Lob für Baerbock - Klare Botschaft an China

Den Berichten über Differenzen mit seiner Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) trat Scholz entgegen, indem er sie zwei Mal lobend erwähnte - seinen neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nur einmal.

Eine klare Botschaft sendete der Kanzler an China. "Nutzen Sie Ihren Einfluss in Moskau, um auf den Rückzug russischer Truppen zu drängen! Und: Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland!", sagte er.

Scholz lobte zwar, dass sich Chinas Präsident Xi Jinping "unmissverständlich gegen jede Drohung mit Atomwaffen oder gar deren Einsatz im Krieg Russlands gegen die Ukraine" gestellt habe. Er nannte es aber "enttäuschend", dass Peking beim jüngsten Treffen der G20-Finanzminister in Indien nicht mehr bereit gewesen sei, zu bekräftigen, was noch beim G20-Gipfel im vergangenen Jahr auf Bali Konsens gewesen sei: "eine klare Verurteilung des russischen Angriffs."

Energie: Scholz sieht "gutes Polster" für nächsten Winter

Mit der Zeitenwende-Rede leitete Scholz vor einem Jahr auch die Abkopplung von russischen Energielieferung ein - unter anderem mit der Ankündigung, lange umstrittene Flüssiggas-Terminals an den Küsten zu bauen. Inzwischen bezieht Deutschland kein Gas mehr aus Russland. Man sei trotzden gut durch den Winter gekommen, sagte Scholz.

Es sei zuvor die Rede von kalten Wohnungen gewesen, von der Zwangsabschaltung ganzer Industriezweige, von Produktionsstillstand, einem "heißen Herbst" und "Wutwinter", so der Kanzler: "Nichts davon ist eingetreten." Die Gasspeicher seien derzeit noch zu mehr als 70 Prozent gefüllt. "Das ist ein gutes Polster, um sicher auch durch den nächsten Winter zu kommen", sagte der Kanzler.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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