"Historisches Ereignis"
Startschuss: EU beginnt Beitrittsgespräche mit Ukraine und Moldau
- Aktualisiert: 25.06.2024
- 08:31 Uhr
- Kira Born
Die Ukraine und Moldau machen sich auf den Weg in die Europäische Union. Am heutigen Dienstag soll der Prozess um die EU-Beitrittsverhandlungen angestoßen werden.
Das Wichtigste in Kürze
Die Ukraine und Moldau haben nun den Status als EU-Beitrittskandidaten erreicht.
Im Rahmen des EU-Ministertreffens sollen die Rahmenbedingen für die Beitrittsverhandlungen abgesteckt werden.
Wie lange das Beitrittsverfahren der beiden Staaten dauern wird, ist noch völlig offen.
Wenn in den vergangenen Jahren über den Beitritt neuer EU-Länder gesprochen wurde, war meist die Rede von Balkanstaaten wie Montenegro oder Serbien. Doch der russische Angriffskrieg hat dies grundlegend verändert. Die Ukraine und ihr Nachbarstaat Moldau sind in kürzester Zeit zu EU-Beitrittskandidaten geworden.
Am Dienstag (25. Juni) beginnt die Europäische Union die Gespräche für spätere Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau. Die Unterredungen werden am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg organisiert, nachdem in der vergangenen Woche die sogenannten Verhandlungsrahmen beschlossen worden waren. Mit ihnen werden die Leitlinien und Grundsätze für die Verhandlungen festgelegt. Bei den Gesprächen handelt es sich nur um den Startschuss für den Prozess, Verhandlungen im eigentlichen Sinne gibt es noch nicht, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.
Selenskyj blickt EU-Beitrittsgesprächen optimistisch entgegen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "historischen Ereignis". "Das ist der Tag, auf den die Ukraine seit Jahrzehnten zustrebt. Und nun wird es Wirklichkeit. Die Ukraine wird niemals vom Pfad zu einem vereinten Europa abzubringen sein, zu unserem gemeinsamen Zuhause für alle europäischen Nationen", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft am Montagabend.
Der Beginn zu Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und Moldau war bereits bei einem EU-Gipfel im Dezember 2023 grundsätzlich beschlossen worden. Gleichzeitig wurde aber vereinbart, dass vor dem Verhandlungsstart alle Reformauflagen erfüllt sein müssen. Dies bescheinigte die zuständige EU-Kommission der Ukraine erst in diesem Monat, nachdem unter anderem Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, für einen besseren Schutz von nationalen Minderheiten und zur Einschränkung des politischen Einflusses von Oligarchen ergriffen worden waren.
Europastaatsministerin Lührmann: "Historischer Tag"
Europastaatsministerin Anna Lührmann (Grüne) sagte: "Heute ist ein historischer Tag für Europa! Wir eröffnen die EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine und Moldau." Ihr Besuch in der Ukraine und in Moldau vorige Woche habe sie beeindruckt. "Beide Länder haben trotz der russischen Bomben, der Desinformations-Kampagnen und der Destabilisierungversuche große Fortschritte erzielt", sagte sie.
Für die Menschen in der Ukraine gilt die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen vor allem als wichtiges Zeichen dafür, dass es sich lohnt, den Abwehrkampf gegen Russland fortzusetzen. Wie lange es nach einem Start der Gespräche bis zum EU-Beitritt dauern könnte, ist aber völlig offen.
Theoretisch könnte ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden. Bei der Ukraine gilt es derzeit so auch als ausgeschlossen, dass sie vor dem Ende des russischen Angriffskriegs EU-Mitglied werden. Denn dann könnte Kiew nach Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand einfordern – und die EU wäre eine Kriegspartei.
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Worum geht es in den Beitrittsverhandlungen mit der EU?
Grundsätzlich ist der Begriff "Verhandlungen" etwas irreführend. Letztendlich geht es nämlich darum, dass die EU den Kandidatenländern sagt, was sie noch zu tun haben, um in die Union aufgenommen zu werden. Dabei geht es vor allem darum, nationale Rechtsvorschriften an EU-Recht anzupassen und die Wirtschaft und die Verwaltung EU-tauglich zu machen. Um den Prozess übersichtlicher zu gestalten, wurden die Voraussetzungen in 35 sogenannte Kapitel eingeteilt. Am Anfang geht es beispielsweise vor allem darum, dass das Land die grundlegenden Beitrittsvoraussetzungen erfüllt. Dazu geht es dann um Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Justiz.
Bei den Beitrittskonferenzen für die Ukraine und Moldau am Dienstag in Luxemburg werden erst einmal den beiden Ländern die Leitlinien und Grundsätze für die Verhandlungen vorgestellt. Die ersten Verhandlungskapitel dürften nach Angaben von EU-Diplomaten im Verlauf der nächsten zwölf Monate eröffnet werden. Bis dahin muss die EU-Kommission noch in einem sogenannten Screening für die Verhandlungskapitel prüfen, inwieweit das nationale Recht des Beitrittskandidaten noch vom EU-Recht abweicht.
Russland tut neue EU-Sanktionen als wirkungslos ab
Die EU hatte zuvor ihr 14. Sanktionspaket beschlossen, um Russlands Kriegswirtschaft zu stoppen. Moskau tat die neuen Strafmaßnahmen aber einmal mehr als wirkungslos ab. Vielmehr schade sich die EU wieder selbst, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Der Westen schaue weder auf die Folgen für die eigene Wirtschaft noch für den Wohlstand der Menschen in der EU, sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko.
"Der Sinn der Sanktionen bestand darin, die russische Wirtschaft zu strangulieren, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu zerstören. Erreicht hat die EU das Gegenteil", sagte Gruschko. Russland warnte zudem vor erneut steigenden Energiepreisen in der EU. Dies meldete die dpa.
Im Video: EU-Staaten einigen sich auf neue Sanktionen gegen Russland
EU-Staaten einigen sich auf neue Sanktionen gegen Russland
Die Außenminister:innen der 27 Mitgliedstaaten billigten die Sanktionen in Luxemburg zusammen mit weiteren neuen Strafmaßnahmen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Das Außenministerium in Moskau teilte mit, dass im Gegenzug weitere Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie von Institutionen aus der EU mit einem Einreiseverbot in Russland belegt würden. Details dazu wurden nicht genannt.
Das Sanktionspaket beinhaltet erstmals weitreichende Sanktionen gegen Russlands milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG). Vorgesehen ist, dass Häfen wie der im belgischen Zeebrugge künftig nicht mehr zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden dürfen. Dies soll dazu führen, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen kann und weniger Gewinne erzielt, die für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine verwendet werden könnten.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa