Strompreiszonen nach Produktion
Strom im Norden günstiger: Sechs Bundesländer stellen sich quer
- Aktualisiert: 12.05.2023
- 21:06 Uhr
- Nelly Grassinger
Unterschiedliche Strompreise je nach Bundesland? In Norddeutschland wird der Vorschlag begrüßt, der Süden und Westen argumentiert dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
Was den Norden von Deutschland freut, sorgt andernorts für Ärger.
Der Norden trage seit Jahren die Hauptlast der Energiewende und will deshalb günstigeren Strom.
Der Süden und Westen befürchtet wirtschaftliche Folgen durch unterschiedliche Strompreiszonen.
Höhere Stromkosten wegen eines geringeren Windkraftausbaus: Die norddeutschen Flächenländer hatten eine Aufteilung Deutschlands in unterschiedliche Strompreiszonen zulasten Süddeutschlands gefordert. Sechs Bundesländer wehren sich allerdings gegen den Vorschlag.
Eine einheitliche Strompreiszone sei Ausdruck eines einheitlichen deutschen Wirtschaftsraums, schreiben die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung. "Eine Schwächung der wirtschaftlich starken Länder des Südens und des Westens kann nicht im Interesse der Bundesregierung und auch nicht der norddeutschen Länder sein."
Warnungen vor Schwächung der Wirtschaft
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) erklärte: "Unser Treffen ist ein lautstarkes Signal, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, auch wenn uns keine Nordsee für Windräder zur Verfügung steht." Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte: "Sechs Länder schließen sich zusammen, die 64 Prozent der Bevölkerung und 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vertreten. Es ist das industrielle Leistungsherz Deutschlands."
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warnte: "Wer die Industrie im Süden und Westen schwächt, schwächt den gesamten Standort Deutschland." Sein baden-württembergischer Amtskollege Winfried Kretschmann (Grüne) verlangte: "Deutschlandweit muss eine einheitliche, verlässliche und bezahlbare Energieversorgung gewährleistet werden."
Am Ende dürfe es keine Zweiteilung von Strompreiszonen geben, sagte Söder: "Es kann nicht sein, dass der Strom im Süden teurer und im Norden billiger ist." Dies führe zu einer Abwanderung der Wirtschaft aus ganz Deutschland. Es sei auch nicht zu akzeptieren, dass Wasserstoff nur ein Privileg des Nordens sein solle, betonte Söder. "Wir brauchen überall den Ausbau von Wasserstoff und Wasserstoff-Infrastruktur."
Bundesländer fordern beschleunigten Ausbau der Stromversorgung
Die Vertreter der südwestlichen Bundesländer fordern in ihrem vierseitigen Papier neben dem Erhalt einer einheitlichen Strompreiszone einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien sowie einen deutschlandweiten raschen Hochlauf von Wasserstoff als klimafreundlichen Energieträger.
Ferner pochen sie auf einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze durch die Bundesnetzagentur, den raschen Bau von Gaskraftwerken, die künftig auch mit Wasserstoff betrieben werden können, bessere Rahmenbedingungen für Speicher, die Einführung eines günstigeren Strompreises für die Industrie sowie angemessenen Einfluss der Länder in Regulierungsfragen.
Norddeutschland will günstigeren Strom
Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" vom September wollen die norddeutschen Länder günstigere Strompreise für ihre Bürger und Unternehmen durchsetzen. Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) sagte der Zeitung: "Wenn ich da lebe oder produziere, wo auch die Energie produziert oder angelandet wird, muss diese Energie dort auch günstiger sein." Der Norden trage seit Jahren die Hauptlast der Energiewende.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind die Preisdifferenzen ebenfalls bewusst. Er will darauf jedoch mit einer Reform der Netzentgelte reagieren. Diese seien ausgerechnet in Regionen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien besonders hoch, was dort auch die Strompreise erhöhe. Habeck will eine stärkere Angleichung der Netzentgelte, so dass am Ende die Stromkosten dort günstiger sind, wo viel Energie aus Wind und Sonne entsteht, was ein Standortvorteil werden müsse.
- Verwendete Quelle:
- Nachrichtenagentur dpa