Mit Gehstock und in Hausschuhen
Ukraine-Krieg: Knapp 100-Jährige flüchtet zehn Kilometer vor russischen Besatzern
- Veröffentlicht: 03.05.2024
- 16:11 Uhr
- Clarissa Yigit
In einem Video, das die ukrainische Nationalpolizei veröffentlichte, erzählt eine knapp 100 Jahre alte Ukrainerin, wie sie es geschafft hat, zu Fuß und nur in Pantoffeln aus ihrer Heimatstadt zu fliehen.
Das Wichtigste in Kürze
Eine ukrainische Mutter flüchtet mit ihrem Sohn und den beiden Schwiegertöchtern aus der umkämpften Stadt Otscheretyne.
Die Familie verliert sich während der Flucht aus den Augen.
Die Frau läuft allein die zehn Kilometer bis zur ukrainischen Linie ohne Essen und Trinken weiter - sie ist 98 Jahre alt.
Die Menschen in der Ukraine fühlen sich seit dem russischen Angriffskrieg nicht mehr sicher. Die Tage bestehen hauptsächlich daraus, sich bei Raketenwarnungen immer wieder in Sicherheit zu bringen oder eben zu flüchten.
Allein 3,7 Millionen Ukrainer:innen seien laut Bericht der UNO-Flüchtlingshilfe vom Februar 2024 innerhalb des Landes auf der Flucht.
Auch die 98 Jahre alte Ukrainerin Lidia Stepaniwna Lomikowska hat sich für die Flucht entschieden, nachdem russische Invasionstruppen in ihre Heimatstadt Otscheretyne (Region Donezk) eingedrungen waren und die Kämpfe immer mehr zugenommen hatten.
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Flucht in Mantel und Hausschuhen
Daraufhin ergriff Lomikowska nur mit einem Gehstock und Hausschuhen die Flucht, berichtet sie, nachdem sie ukrainisch kontrolliertes Gebiet erreicht hatte. Ihre unglaubliche Geschichte verbreitete die Nationalpolizei dann in einem Video am Montag (29. April) in den sozialen Medien.
Die knapp 100-Jährige verließ zusammen mit ihrer Familie das umkämpfte Gebiet. Dabei sei die Seniorin im "Chaos der Flucht" von ihrem Sohn und ihren beiden Schwiegertöchtern getrennt worden, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), während diese auf Nebenwege ausgewichen waren. Die taffe Lomikowska allerdings blieb die ganze Strecke über auf der Hauptstraße.
So sei die Frau, die bereits den Zweiten Weltkrieg überlebt hatte, nur mit einem Stock in der einen Hand und einem zersplitterten Holzstück in der anderen rund zehn Kilometer in Richtung der ukrainischen Linien gelaufen. Dabei sei sie zweimal gestürzt.
"Einmal verlor ich das Gleichgewicht und fiel ins Unkraut. Ich schlief ein wenig und setzte dann meinen Weg fort. Und dann - zum zweiten Mal - bin ich wieder gefallen. Aber dann stand ich auf und dachte mir: Ich muss weitergehen, Stück für Stück." Zudem hatte sie den ganzen Tag über weder Essen noch Trinken, erzählt sie.
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Soldaten retten die Ukrainerin
Pawlo Diatschenko, Sprecher der Nationalpolizei in Donezk, erklärte, dass Soldaten die Frau schließlich am Abend auf der Straße entdeckt hätten. Sie retteten die Frau und übergaben sie an eine ukrainische Polizeieinheit namens "Weiße Engel". Die Sondereinheit habe dann Kontakt mit der Familie der Seniorin aufgenommen. Die "Weißen Engel" evakuieren Zivilist:innen von der Frontlinie. Lomikowska wurde in eine Notunterkunft für Evakuierte gebracht.
"Ich habe diesen Krieg (den Zweiten Weltkrieg) überlebt, und ich überlebe diesen Krieg", zitiert sie die Nachrichtenagentur Reuters. Dabei gäbe es aber einen Unterschied: Damals hätte keines der Häuser gebrannt. "Jetzt brennen die Häuser."
Als der Direktor einer der größten Banken der Ukraine die Geschichte von Lidia Stepaniwna Lomikowska gehört hat, soll er gesagt haben: "Die Monobank wird Lidia Stepaniwna ein Haus kaufen und sie wird sicher darin leben, bis diese Abscheulichkeit aus unserem Land verschwindet", so Oleh Horochowskyi.
- Verwendet Quellen:
- RND: "98-jährige Ukrainerin flieht kilometerweit in Hausschuhen vor den Russen"
- Nachrichtenagentur Reuters