Forschung
Umstrittene Studie: Ist Alzheimer ansteckend?
- Aktualisiert: 31.01.2024
- 11:17 Uhr
- Damian Rausch
Die durch Alzheimer bedingte Demenz könnte von Mensch zu Mensch übertragbar sein. Das glauben britische Forscher:innen nachgewiesen zu haben. Doch es gibt auch Zweifel.
Das Wichtigste in Kürze
Die Studie konzentriert sich auf acht Personen, die in ihrer Kindheit Wachstumshormone aus menschlichem Hirngewebe erhalten haben - eine Praxis, die bis in die 1980er-Jahre üblich war.
Bei fünf dieser Personen wurden im Erwachsenenalter Symptome einer frühen Demenz diagnostiziert, die den Kriterien für Alzheimer entsprechen.
Amyloid-β-Proteine, typische Marker der Alzheimer-Krankheit, wurden in Gehirnproben von Studienteilnehmer:innen entdeckt, was neue Fragen zur Übertragbarkeit der Krankheit aufwirft.
Knapp zwei Millionen Menschen in Deutschland sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen, bei der Nervenzellen im Gehirn absterben. Eine kürzlich veröffentlichte Studie britischer Forscher:innen wirft nun ein neues Licht auf die Übertragbarkeit der Krankheit. Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) könnten medizinische Eingriffe bei der Übertragung eine Rolle spielen.
Kann Alzheimer übertragen werden?
Die von John Collinge vom Institut für Prionkrankheiten in London geleitete und in der Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlichte Studie basiert auf der Untersuchung von acht Patient:innen, die in ihrer Kindheit Wachstumshormone erhalten hatten. Diese Hormone, die aus dem Hirngewebe Verstorbener gewonnen werden, wurden von den 1950ern bis in die 1980er-Jahre weltweit eingesetzt. Nachdem jedoch 1985 ein Zusammenhang mit der Creutzfeld-Jakob-Krankheit (CJK) festgestellt wurde, wurde diese Praxis eingestellt.
Fünf der acht Studienteilnehmer:innen wiesen im Alter zwischen 38 und 55 Jahren Symptome einer beginnenden Demenz auf, die den Diagnosekriterien der Alzheimer-Krankheit entsprachen. Blutuntersuchungen bestätigten bei zwei von ihnen den Verdacht auf Alzheimer. Drei der Teilnehmenden verstarben während der Studie, bei einem wurden post mortem eindeutige Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung festgestellt.
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Bedeutende Entdeckung: Amyloid-β-Proteine als Übertragungsmedium?
Bereits 2015 entdeckten die Forschenden Amyloid-β-Proteine in Gehirnproben von Personen, die als Kinder eine Hormontherapie erhalten hatten und später an CJK verstorben waren. Diese Proteine werden mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht. Weitere Untersuchungen der verwendeten Hormonpräparate ergaben messbare Mengen an fehl gefalteten Amyloid-β- und Tau-Proteinen. Experimente an Mäusen zeigten, dass diese Präparate immer noch Amyloid-Ablagerungen verursachen können.
Skeptische Stimmen aus der Wissenschaftsgemeinde
Trotz der signifikanten Ergebnisse äußerten sich einige Expert:innen vorsichtig. Tara Spires-Jones vom UK Dementia Research Institute wies auf die kleine Stichprobengröße und andere Risikofaktoren für Demenz bei den Studienteilnehmenden hin. Michael Beekes vom Robert-Koch-Institut betonte die Notwendigkeit weiterer Studien, um die Schlussfolgerungen zu überprüfen. Susan Kohlhaas von Alzheimer‘s Research UK sagte, dass dies bisher der einzige bekannte Fall einer Übertragung der Alzheimer-Krankheit von Mensch zu Mensch sei und dass es keine Hinweise auf eine Übertragung durch alltägliche Aktivitäten oder Routineverfahren gebe.
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