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Terror-Verdacht

Islamisten in Castrop-Rauxel festgenommen: Was wir wissen - und was nicht

  • Veröffentlicht: 09.01.2023
  • 16:29 Uhr
  • Lena Glöckner

In Castrop-Rauxel wurden zwei mutmaßliche Terroristen festgenommen. Auch am zweiten Tag der Durchsuchungen fanden die Ermittler aber keine Beweise. Was wir bislang über den Fall wissen - und was nicht.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei mutmaßliche Terror-Planer wurden am Wochenende in Castrop-Rauxel gefasst.

  • Auch am zweiten Tag der Durchsuchungen im Ruhrgebiet finden die Ermittler aber kein Gift.

  • Einer der festgenommenen Brüder war bereits vor Jahren verurteilt worden - wegen versuchten Mordes.

Gegen Mitternacht am Sonnabend (7. Januar) stürmten Fahnder die Wohnung eines Mannes, der sich Gift für einen islamistischen Anschlag besorgt haben soll. Kurz darauf werden er und sein 25 Jahre alter Bruder bei dem nächtlichen Anti-Terror-Einsatz in Castrop-Rauxel festgenommen. Der Hinweis auf die mutmaßlichen Terror-Planer kam aus den USA.

Das waren die konkreten Pläne

Der Verdacht hatte sich laut Generalstaatsanwaltschaft zunächst gegen den 32-Jährigen gerichtet. In seiner Wohnung hielt sich aber auch der 25-Jährige auf. Wie konkret die möglichen Anschlagspläne fortgeschritten waren und was ein mögliches Ziel gewesen wäre, blieb zunächst unklar.

Tags darauf wurde gegen die Brüder Haftbefehl erlassen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus Ermittlerkreisen erfuhr. Den beiden Männern wird unter anderem vorgeworfen, dass sie sich die Giftstoffe für einen islamistisch motivierten Anschlag beschaffen und damit "eine unbestimmte Anzahl von Personen" töten wollten. Die Ermittler sehen bei den Brüdern den Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich Mord.

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Wer die Festgenommenen sind

Die Brüder waren 2015 nach Deutschland gekommen. Der 25-Jährige war 2019 unter anderem wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Er war nach wie vor in einer Entziehungsanstalt in Hagen untergebracht, durfte aber angesichts einer Lockerung am Wochenende teils bei Familienangehörigen übernachten, wie die Staatsanwaltschaft Dortmund mitteilte. Bei dem Einsatz in der Nacht zum Sonntag war er in der Wohnung seines Bruders gewesen. Zuvor hatte das "Westfalen-Blatt" darüber berichtet.

Der Mann hatte demnach im Juli 2018 nachts einen großen Ast von einer Brücke auf die Autobahn 45 geworfen. Er traf damit ein Auto, die damals 32 Jahre alte Fahrerin wurde durch Glassplitter verletzt. Bei der Tat war er betrunken. Der heute 25-Jährige wurde im Januar 2019 zu einer Freiheitsstrafe wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt.

Wegen seiner Suchterkrankung ordnete das Gericht 2019 an, dass er nach eineinhalb Jahren in Haft in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. Der Mann habe laut der Klinik zwar Fortschritte gemacht, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag (9. Januar). Die Staatsanwaltschaft habe aber zuletzt Ende November beantragt, dass die Unterbringung anzudauern habe. Eine solche Unterbringung muss halbjährlich überprüft werden.

Wie die dpa aus Sicherheitskreisen erfuhr, wird vermutet, dass der 32-jährige Bruder Anhänger einer sunnitischen islamistischen Terrorgruppe sei. Er soll demnach nicht im Auftrag staatlicher iranischer Behörden gehandelt haben.

So liefen die Durchsuchungen ab - und das wurde gefunden

Die Fahnder schlugen zunächst am Sonnabend gegen Mitternacht zu. Der Einsatzort wurde weiträumig abgesperrt. Zahlreiche Einsatzkräfte trugen Schutzanzüge. Beweismittel wurden in blauen Fässern zu einer Dekontaminationsstelle bei der Feuerwehr gebracht, wie ein dpa-Reporter berichtete.

Wegen der biologisch-chemischen Gefahren für die Einsatzkräfte waren laut einem Bericht der "Bild" auch Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts (RKI) als Berater vor Ort. Auch mehrere Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) und ein Entschärfer-Kommando seien im Einsatz gewesen. Die Ermittler stellten Beweismittel wie elektronische Speichermedien sicher. Diese müssten nun ausgewertet werden, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Waffen seien nicht gefunden worden. Neben der Wohnung des Mannes wurden auch Nebengelasse wie Kellerräume durchsucht.

Auch bei der Durchsuchung der Garagen am Montag in der Nähe der Wohnung des 32-Jährigen sei im Ergebnis nichts Beweisrelevantes - wie die entsprechenden Giftstoffe Cyanid und Rizin - gefunden worden, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf. Im Zuge des Einsatzes seien umliegende Häuser evakuiert worden, um eine mögliche Gefährdung auszuschließen, so der Sprecher. Es sei ein Paket gefunden worden, das man zunächst habe untersuchen müssen. Darin sei aber nichts Gefährliches enthalten gewesen. Der 32-Jährige soll die Garagen nicht angemietet, aber Zugriff darauf gehabt haben.

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So wurden die Ermittler auf die Pläne aufmerksam

Laut dem Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft hatte es einen Hinweis einer US-amerikanischen Sicherheitsbehörde auf den 32-Jährigen gegeben. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet, habe das FBI am Vortag "konkrete" Hinweise auf weit fortgeschrittene Anschlagspläne gegeben.

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter

Die für Terrorismus-Ermittlungen zuständige Bundesanwaltschaft hat bislang von einer Übernahme des Falls abgesehen. "Wir stehen mit den zuständigen Behörden in Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen in Kontakt und beobachten die Entwicklungen", sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde. Das läuft in vergleichbaren Situationen standardmäßig so ab. Auch ein Sprecher der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft sagte, man stehe wie in einem solchen Fall üblich in Kontakt mit der Bundesanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft des Bundes ist für die Verfolgung bestimmter Staatsschutz-Delikte unmittelbar zuständig. Dazu gehört die Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung. Außerdem kann sie unter bestimmten Voraussetzungen die Strafverfolgung in weiteren Fällen übernehmen - zum Beispiel, wenn der Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Raum steht. Dafür muss die Tat allerdings von "besonderer Bedeutung" sein.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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