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Rechtliches Schlupfloch

Krankenkassen-Wechsel: Mit dieser perfiden Masche tappen Verbraucher in die Falle

  • Veröffentlicht: 29.04.2024
  • 13:25 Uhr
  • Lisa Apfel
Hellhörig werden bei ominösen Angeboten: Wer einen Krankenkassen-Wechsel anstrebt, sollte Vorsicht walten lassen.
Hellhörig werden bei ominösen Angeboten: Wer einen Krankenkassen-Wechsel anstrebt, sollte Vorsicht walten lassen.© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Privatversicherte, die wieder in die gesetzliche Krankenkasse zurückwechseln wollen, suchen oft nach einem besonders einfachen Weg. Doch es ist Vorsicht geboten: Einige Anbieter nutzen ein rechtliches Schlupfloch, das Betroffene in die Bredouille bringen kann.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Wie kann man von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenkasse wechseln? Wer sich diese Frage stellt, sucht oftmals nach einer simplen Lösung – und kann so leicht in die Falle tappen.

  • Ein Bericht von "tagesschau.de" schildert nun, wie Anbieter ein Schlupfloch nutzen und Wechselwillige so aufs Glatteis führen.

  • Im schlimmsten Fall können Betroffene aus der gesetzlichen Krankenkasse fliegen.

Von der privaten zurück zur gesetzlichen Krankenkasse zurückzuwechseln, wird bei diversen Anbietern oftmals als kinderleicht beworben. Doch Verbraucher:innen, die diesen Wechsel anstreben, sollten Vorsicht walten lassen.

Mit 55 zurück in die Gesetzliche? Ein schwieriges Unterfangen

Denn: Laut einem Bericht von "tagesschau.de" kommen Privatversicherte ab 55 Jahren oft nur noch schwer zurück in die gesetzlichen Kassen. Der Grund: Der Gesetzgeber wolle "weitgehend verhindern", dass Versicherte vom System profitieren, in das sie jahrelang nicht eingezahlt haben.

Eine Situation, in der Betroffene offenbar leicht in eine Falle tappen. Denn viele Anbieter locken mit dem Versprechen, genau dieses Problem quasi ganz einfach aus dem Weg zu räumen, oder sie deklarieren es sogar im Vorfeld bereits als eine Art Mythos.

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Praxis-Test: So locken Makler Wechselwillige

"Tagesschau.de" berichtet von einem spezifischen Beispiel, in dem ein Versicherungsmakler aus Nürnberg Kund:innen ganz gezielt mit einem angeblichen Wechsel-Profit anwirbt: Über 150.000 Euro Ersparnis seien drin.

Die Erstberatung erfolge demnach telefonisch. Ein solches Gespräch mit eben dieser Firma hat das ARD-Magazin "Plusminus" dokumentiert. Laut der Beraterin würde ein Dienstleister für den Kunden ein Gewerbe in Tschechien eröffnen, wodurch dieser in dem Nachbarland sozialversicherungspflichtig würde. Ein Jahr danach könne der Interessent dann zurück in gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland wechseln. Dabei müsse er weder nach Tschechien reisen noch andere Aufgaben erledigen.

Das hat für den potenziellen Kunden seinen Preis: Ein Jahr lang soll er monatlich 250 Euro an den Versicherungsmakler zahlen. Im Erfolgsfall seien 9.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an einen externen Dienstleister fällig. Insgesamt belaufen sich die Kosten so auf 12.000 Euro.

Rechtliches Schlupfloch: Ist das legal?

Die Anbieter nutzen dabei ein rechtliches Schlupfloch: Wer mindestens zwölf Monate im Ausland krankenversichert war, kann laut "tagesschau.de" tatsächlich nach Ende des Auslandsaufenthaltes zurück in die deutsche gesetzliche Krankenversicherung. Dies ist aber eigentlich für Personen gedacht, die wirklich im Ausland arbeiten und sich auch überwiegend dort aufhalten.

Die betreffende Versicherungsmakler-GmbH teilte demnach auf Anfrage schriftlich mit, sie sei nur Datensatzhändler. Die Kundendaten würden an weitere Dienstleister vermittelt, selbst habe man keine Vertragsbeziehung zu den jeweiligen Anrufern.

Im Fall des oben beschriebenen Gespräches bekam der 85-jährige Anrufer ein paar Tage später tatsächlich ein Schreiben von einem anderen Dienstleister. Aus Tschechien wurde darin Polen und eine Vollmacht sollte unterzeichnet werden. Telefonisch hieß es hierzu, damit werde eine polnische Anwaltskanzlei ein Gewerbe für ihn als Handelsvertreter in Polen eröffnen. Nach einem Jahr könne er sich dann das ursprüngliche Ziel, in die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland zu wechseln, ermöglichen.

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:newstime

Verbraucherschützer kritisieren Methode scharf

Verbraucherschützer:innen schlagen deshalb Alarm. Anke Puzicha von der Verbraucherzentrale in Hamburg hört aus beschriebenem Telefongespräch heraus, dass es sich um ein Scheingewerbe handele. Begründung: Der Betroffene verlegt seinen Wohnsitz nicht ins Ausland. Ein Versicherungswechsel sei so unzulässig.

"Die Anbieter wissen sehr wohl, warum sie ihre Methode nicht klar veröffentlichen. Personen, die auf diese Weise die Versicherung wechseln, riskieren, wegen Sozialbetrugs beschuldigt zu werden", zitiert "tagesschau.de" Puzicha.

Sie rät Betroffenen deshalb, einen Tarifwechsel innerhalb der Privatversicherung anzugehen. Das sei "tausendmal besser", als auf ein Angebot einzugehen, das nicht rechtssicher sei.

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Hohes Risiko: "Dann sitzen sie ohne Krankenversicherung da"

Dieses Versicherungs-Wechsel-Spielchen könnte nämlich auch Jahre danach ein drastisches Nachspiel haben: Sollte eine Versicherung nämlich bemerken, dass es sich lediglich um ein Scheingewerbe gehandelt hat, so kann sie laut "tagesschau.de" auch noch Jahre später den Eintritt in die gesetzliche Versicherung wieder annullieren. Bedeutet im Klartext: Der oder die Betroffene ist die längste Zeit in der gesetzlichen Krankenkasse gewesen.

Versicherungsmakler Thoralf Müller erzählt "tagesschau.de", dass er immer wieder erlebt, welche dramatischen Folgen das für die Betroffenen hat: "Und dann sitzen die plötzlich ohne Krankenversicherung da - in einer Lebensphase, wo ich eigentlich die Krankenversicherung wirklich dringend brauche." Das sei elend, so Müller.

"Die können danach dann mit einem Basistarif zum Sozialamt und sich Sozialbedürftigkeit bestätigen lassen im Sinne von Grundleistungen, damit sie den Basistarif wenigstens noch weiter einigermaßen finanziert kriegen."

Auch Politiker:innen üben Kritik

Wer nun denkt, das Problem wurde gerade erst aufgedeckt, irrt. Bereits 2022 hatte der GKV-Spitzenverband vor "systematischem Rechtsmissbrauch" gewarnt.

Für Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, ist das ein Unding.

"Ich meine aber, es kann nicht sein, dass jemand 12.000 Euro daran verdient, dass es eine Umgehung des deutschen Sozialrechts gibt. Wir haben ja nicht umsonst diese Schutzrechte für die gesetzliche Krankenversicherung", kritisierte sie.

  • Verwendete Quellen:
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