Ex-Außenminister zu Eklat
Sigmar Gabriel: Selenskyj hat sich bei Trump "absolut richtig verhalten"
- Veröffentlicht: 03.03.2025
- 16:49 Uhr
Donald Trumps Ton gegenüber Wolodymyr Selenskyj versetzt die Europäer:innen in Alarmbereitschaft. Für Ex-Außenminister Sigmar Gabriel ist klar: Der ukrainische Präsident hat sich nichts vorzuwerfen. Ist die USA für ihn noch ein verlässlicher Partner?
Nach dem Eklat im Weißen Haus werden auch im Westen Stimmen laut, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj solle beim US-Präsidenten Donald Trump um Entschuldigung bitten. Der ehemalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat dafür kein Verständnis: "Für was soll er sich denn entschuldigen?", stellte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke im Interview des TV-Senders Phoenix eine rhetorische Frage. "Soll er sich entschuldigen, dass er sein Land vertreten hat und dass er sich nicht hat über den Mund fahren lassen?" Was im Weißen Haus passiert sei, war für Gabriel "ganz offensichtlich" inszeniert.
"Hier ist jemand gewesen, der den anderen demütigen wollte, und es gibt jemanden, der gedemütigt worden ist", ordnete Gabriel den Streit ein. Dem gedemütigten Selenskyj nun auch noch Schuldvorwürfe zu machen, halte er für "absurd". Und mit Blick auf die Ukrainer:innen führte er aus: "Was hätte die Bevölkerung von einem Präsidenten zu halten, der sich von einem anderen erklären lässt, er sei eigentlich der Schuldige an diesem Krieg?", kommentierte Gabriel im Phoenix-Interview. Selenskyj habe sich "absolut richtig" verhalten. Der Präsident der Ukraine habe in den USA nicht zurückweichen dürfen, in seinem Land würden Menschen sterben, Städte ruiniert sowie die Infrastruktur zerstört.
Gabriel: Europa für die USA "ein Klotz am Bein"
Die Bemerkung von NATO-Generalsekretär Mark Rutte, der dem ukrainischen Präsidenten geraten hatte, das Verhältnis zu Trump rasch wiederherzustellen, findet Gabriel "schräg". Er könne sie sich nur so erklären, "dass er alles dafür tun will, die USA an Bord zu halten".
Europa brauche nun nach diesen US-Signalen eine Neuorientierung, nach 80 Jahren wollten die Vereinigten Staaten keine Macht mehr auf dem europäischen Kontinent sein. Für die USA sei Europa kein amerikanischer Partner mehr, sondern nur noch ein "Klotz am Bein".
Die gravierenden Konsequenzen seien von Trump gewollt. Für eine Allianz, in der alle Partner gleich viel zu sagen hätten, falle der US-Präsident wohl aus. "Jetzt weiter darauf zu hoffen, dass ein Wunder passiert oder durch Nettigkeiten Trump seine Haltung ändert, halte ich für falsch", unterstrich Gabriel. Der Ex-Außenminister forderte, diejenigen, die nicht wollten, dass Russland die Ukraine komplett einnehme, müssten jetzt zusammenstehen.
Allerdings zeigt Gabriel durchaus Hoffnung, seiner Ansicht nach könnte der Eklat zwischen Trump und Selenskyj auch ein heilsamer Schock sein: "Der Westen ist am Ende immer stärker aus Krisen herausgekommen, als er in die Krisen hineingegangen ist." Er sei sich sicher, dass dies auch diesmal der Fall sein werde. Denen die Stirn zu bieten, die das Recht des Stärkeren durchsetzen wollten, sei zwar "leichter mit den USA", aber ohne sie nicht unmöglich.
- Verwendete Quelle
- Phoenix Tagesgespräch: Mit Sigmar Gabriel (Vorsitzender der Atlantik-Brücke und Bundesminister a.D.)