Nagelsmann-Nachfolger offiziell vorgestellt
Tuchel beim FC Bayern: "Werden nicht alle super-happy sein"
- Veröffentlicht: 25.03.2023
- 16:16 Uhr
- Joachim Vonderthann
Zunächst ging es noch einmal um den alten FC-Bayern-Coach, dann (fast) nur noch um den neuen: In München ist Thomas Tuchel offiziell vorgestellt worden. Der 49-Jährige weiß genau um die Risiken in seinem neuen Job.
Das Wichtigste in Kürze
Thomas Tuchel ist beim FC Bayern offiziell als Trainer vorgestellt worden.
Tuchel spricht von der Verpflichtung in München, alle Titel zu gewinnen, und vom Druck als Bayern-Coach.
Zuvor erläutern Bayern-Chef Kahn und Sportvorstand Salihamidzic noch einmal die Gründe für den Rauswurf von Julian Nagelsmann.
Im Video: Goretzka über Nagelsmann: "Großartiger Mensch"
Goretzka verabschiedet Nagelsmann: "Großartiger Mensch und Trainer"
Thomas Tuchel trug bei seinem Comeback auf der großen Fußball-Bühne ein elegantes Outfit. Im dunkelblauen Sakko nahm der Nachfolger von Julian Nagelsmann bei seiner Vorstellung als neuer Trainer des FC Bayern am Samstag (25. März) zwischen Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic Platz. Auf seiner verschwitzten Stirn spiegelte sich im Presseraum der Allianz Arena das Scheinwerferlicht - und womöglich der Respekt vor einem Münchner Startprogramm, das es in sich hat.
Tuchel offiziell als neuer Bayern-Coach vorgestellt
Kontrastreicher hätte die Pressekonferenz am Tag nach dem überraschenden Aus für Nagelsmann beim deutschen Fußball-Rekordmeister kaum sein können. Erst erklärte die Münchner Führungsriege mit bedröppelter Miene die Freistellung von Nagelsmann (35). Dann sorgte Tuchel mit seinen klaren Vorstellungen von seinem Wirken als Nachfolger für zufriedene Gesichter an seiner Seite.
"Die DNA des Clubs ist eine Verpflichtung. Sie ist ganz klar definiert. Es geht ums Gewinnen, es geht auch um die Art des Gewinnens. Der Kader ist dementsprechend zusammengestellt. Man kann mit diesem Kader um jeden Titel spielen", sagte der mit einem Vertrag bis Sommer 2025 ausgestattete Tuchel. Kahn und Salihamidzic grinsten zufrieden bei diesen Worten.
Sechs Monate nach seinem Rauswurf beim Londoner Premier-League-Club Chelsea und fünf Jahre nach den ersten Anbandelungen mit den Bayern tritt Tuchel an seinem Wohnort München eine heikle Mission an. In Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League kann er gleich in vorentscheidenden Spielen die ersten Triple-Schritte machen - oder erste Titel verspielen. "Das setzt mich natürlich unter Druck. Aber wenn du bei Bayern unterschreibst, geht es darum, um alle Titel mitzuspielen", sagte Tuchel vor wegweisenden Wochen.
Tuchel: Nicht alle Spieler werden happy sein
Erholt, ehrlich und extrem realistisch wirkte Münchens neuer Hoffnungsträger, als er über das Bevorstehende sprach. "Es werden nicht alle Spieler super-happy sein. Es passiert ein großer Umbruch, wenn ein Cheftrainer geht. Da kann Unsicherheit entstehen", sprach Tuchel offen die vorhandene Situation und damit auch Risiken an. "Es ist aber trotzdem so, dass wir den Druck lieben, den Stress lieben. Das ist das, was mein Leben ausmacht."
Ab Montag wird der Schwabe die Münchner auf den Klassiker gegen Borussia Dortmund nach der Länderspielpause vorbereiten. Am 4. April steht im Pokal-Viertelfinale gegen Freiburg die nächste Kraftprobe an, bevor eine Woche später das Viertelfinal-Hinspiel in der Königsklasse bei Pep Guardiolas Manchester City steigt. Brisant: Im Champions-League-Finale 2021 hatte Tuchel mit Chelsea gegen Guardiolas Citizens gewonnen. Der FC Bayern wünscht sich in diesem Jahr Tuchels nächsten Königsklassen-Coup.
Das ruhmreiche Bewerbungszeugnis des 49-Jährigen überzeugte die Bayern-Bosse. "Eine beeindruckende Vita", bescheinigte Vorstandschef Kahn dem neuen Trainer. "Wir brauchen jetzt so einen Top-Mann", sekundierte Sportvorstand Salihamidzic. Am Dienstag hatte der Sportvorstand die Verhandlungen mit Tuchel aufgenommen. "Ich habe Thomas angerufen. Dann sagt er: Was willst du? Ich sage: Wenn du keinen Bock hast, dann leg' auf", schilderte Salihamidzic lachend die erste Kontaktaufnahme. Tuchel hat Bock - und wie!
Bayern-Bosse erklären das Nagelsmann-Aus
Anders als bei den vergleichsweise schnellen Vertragsgesprächen musste Tuchel am Samstag lange warten, bis sich auch für ihn die Türen zum großen Pressesaal in der Arena öffneten. Knapp 30 Minuten widmeten Kahn und Salihamidzic zuvor der Aufarbeitung der Nagelsmann-Zeit. "Wir haben einen der besten Kader in Europa. Und trotzdem ist die Leistungskontinuität der Mannschaft nicht wirklich besser geworden. Wir können in der Rückrunde mit den Resultaten und den häufig gezeigten Leistungen nicht zufrieden sein", begründete Kahn die Freistellung.
Salihamidzic ließ noch tiefer blicken. "Die Konstellation zwischen Trainer und Mannschaft hat nicht mehr gepasst", berichtete der 46-Jährige. Die Summe aus Trainer und Team hätte zwei ergeben müssen, zuletzt sei sie eher 0,5 gewesen. Die Leistungskurve sei "ständig nach unten" gegangen, viele Spieler hätten nicht mehr ihre Topform erreicht. "Das Abbild von all dem hat man auf dem Platz gesehen", sagte Salihamidzic deutlich.
An Tuchels professionellem Verhältnis zu Nagelsmann ändert sich nach dem Blitz-Trainerwechsel nichts. "Ich kann nachvollziehen, dass es sich für Julian im Moment sehr bescheiden anfühlt. Es ist aber nicht meine Verantwortung. Und deshalb erlaube ich mir, positiv und mit voller Vorfreude den Job anzunehmen", sagte er. Schon wieder grinsten die Bayern-Bosse.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa