Nach Zweifel an Parlamentswahl
Wahlgremium stimmt in Georgien für neuen Präsidenten - Kawelaschwili erhält 224 Stimmen
- Aktualisiert: 14.12.2024
- 14:25 Uhr
- Claudia Scheele
In Georgien hat diesen Samstag das Wahlgremium über den neuen Präsidenten abgestimmt. Eine Abstimmung, die von der Opposition und vielen Menschen scharf kritisiert wird. Nach den Vorwürfen der Wahlmanipulation will die Opposition die Abstimmung nicht anerkennen.
Das Wichtigste in Kürze
Am Samstag (14. Dezember) wurde in Georgien über den neuen Präsidenten abgestimmt.
Die Opposition will die Wahl nicht anerkennen und warnt vor den Folgen.
Auch aus Deutschland kommen Warnungen vor der pro-russischen Regierung.
An diesem Samstag (14. Dezember) wurde in Georgien über den neuen Präsidenten abgestimmt. Der einzige Kandidat der pro-russischen Regierungspartei Michael Kawelaschwili erhielt 224 Stimmen. Während viele Menschen auf die Straße gehen, um gegen die Regierungspartei zu protestieren, möchte auch die Opposition die Abstimmung nicht anerkennen. Denn der Vorwurf der manipulierten Wahl steht immer noch im Raum.
Angesetzt hat den Termin die nationalkonservative Regierungspartei Georgischer Traum. Der von ihr nominierte Ex-Fußballer Michail Kawelaschwili (53), seit 2016 Abgeordneter, ist der einzige Kandidat. Wurde das Staatsoberhaupt bislang direkt gewählt, hat Georgischer Traum die Verfassung 2017 dahingehend geändert, dass es nun ein Wahlgremium aus Parlamentsabgeordneten und regionalen Vertretern bestimmt. Dabei hat die Regierungspartei eine Mehrheit.
Opposition will neuen Präsidenten in Georgien nicht anerkennen
Die prowestliche Opposition erklärte, dass sie die Abstimmung nicht anerkenne und Präsidentin Salome Surabischwili das legitime Staatsoberhaupt bleibe. Die Opposition und Surabischwili erkennen auch das offizielle Ergebnis der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Ende Oktober nicht an. Sie boykottieren das Parlament. Surabischwili kündigte außerdem an, die Amtsgeschäfte nicht abgeben zu wollen.
In einem Interview mit dem "Handelsblatt" erklärt Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, warum die Präsidentschaftswahl in Georgien so wichtig ist und kritisiert gleichzeitig das Vorgehen der EU. Denn seiner Meinung nach müsste deutlicher durchgegriffen werden.
Er warnt außerdem davor, dass die Lage in Georgien am Wochenende eskalieren könnte, denn die Mehrheit der Menschen bei den Protesten hält die Regierung für illegitim. Unabhängige Experten unterstützen diese Meinung, da sie von einer gefälschten Wahl sprechen und die Berichte über Manipulation sich häufen. Roth betont, dass die Lage in Georgien "äußerst ernst" ist. "Hunderte Berichte dokumentieren massive Polizeigewalt und brutale Angriffe durch vermummte Schlägertrupps auf Demonstrierende. Selbst Oppositionspolitiker wurden zusammengeschlagen und inhaftiert", sagt er im Interview.
Im Video: Parlamentswahl in Georgien: Nationalkonservative Regierungspartei gewählt
In Georgien droht eine "Einparteiendiktatur" mit Russlandnähe
Die anstehende Wahl sei der letzte Schritt in "eine Einparteiendiktatur", die von der Regierungspartei "bereits rhetorisch vorbereitet" wurde: "Der Premierminister diffamiert die Opposition als 'liberalen Faschismus', der 'ausgelöscht' werden müsse. Vertreter der Regierungspartei haben im Wahlkampf offen ein Verbot der Opposition gefordert."
Roth betont, dass die Proteste für Westeuropäer:innen schwer greifbar sein dürften, denn für viele Menschen in Georgen "garantiert die EU ein Leben in Freiheit, Demokratie und Sicherheit". Eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt, auch wenn es "ihre persönliche Freiheit und Gesundheit" gefährdet.
Das größte Problem in Georgien sei die russlandfreundliche Regierungspartei, die im klaren Kontrast zu den europafreundlichen Protestierenden steht. Die Partei hat nicht nur "die Wahlen manipuliert", sondern dann noch "einen Verfassungsbruch begangen und geht jetzt brutal gegen Andersdenkende vor". Das sind alles Punkte, für die es eine Reaktion von der EU geben müsste. Bisher blieb diese Reaktion aus, doch Roth hofft auf die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas.
Seit Ende Oktober gibt es Proteste gegen die Regierungspartei in Georgien, die sich mit dem Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 durch Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse verschärft haben. Es kam zu gewaltsamen Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten plant der Georgische Traum am 29. Dezember.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa