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Präsidentschaftswahlen 

Wahl in der Türkei: Erdogan erstmals nicht klarer Favorit

  • Veröffentlicht: 14.05.2023
  • 09:20 Uhr
  • Carolin Ritter
Unterstützer:innen des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einer Wahlkampfveranstaltung in Istanbul.
Unterstützer:innen des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einer Wahlkampfveranstaltung in Istanbul.© AP

Rund 61 Millionen Menschen sind am Sonntag in der Türkei dazu aufgerufen, einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament zu wählen. Die Wahl gilt als richtungsweisend und historischer Meilenstein. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 61 Millionen Menschen sind am Sonntag bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei wahlberechtigt.

  • Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan geht erstmals nicht als klarer Favorit ins Rennen.

  • Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu gilt als wahrscheinlichster Herausforderer Erdogans.

Türkei: Hochrechnungen erwarten enges Kopf-an-Kopf-Rennen

Die Wahl am Sonntag (14. Mai) in der Türkei gilt als richtungsweisend und wird nicht nur in Europa mit großer Anspannung erwartet. Erstmals nach 20 Jahren muss Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan um sein Amt und seine Wiederwahl bangen. Als wahrscheinlichster Herausforderer gilt Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu.

"Die Wahlen in der Türkei sind vermutlich die letzte Chance
für die Opposition, Erdogan nach 20 Jahren auf demokratischem Weg zu schlagen", sagte der SPD-Außenpolitiker Michael Roth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Seit der Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei vor fünf Jahren hat Erdogan so viel Macht wie noch nie im Staat und kann weitestgehend am Parlament vorbei regieren. Kritiker fürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen.

Chancen für die Opposition

Zuletzt waren außerdem Sorgen laut geworden, dass der 69-Jährige das Ergebnis der Wahl womöglich nicht akzeptieren werde. Am Freitag hatte er jedoch erklärt, das Ergebnis vollends akzeptieren zu wollen, berichtet die dpa.

Ein Machtwechsel würde das Land indes völlig neu aufstellen. Der Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu gilt als wahrscheinlichster Herausforderer Erdogans. Der 74-Jährige ist Chef der sozialdemokratischen Volkspartei CHP und kandidiert für ein Bündnis aus sechs Parteien. Er will zurück zum parlamentarischen System und gilt generell als besonnener Politiker. Er stammt aus der osttürkischen Provinz Tunceli und gehört der religiösen Minderheit der Aleviten an. Der Oppositionsführer will die Unabhängigkeit von Institutionen wie der Zentralbank wiederherstellen und die Inflation in den Griff bekommen. Er steht für eine Wiederannäherung an Deutschland und die EU, aber auch für eine schärfere Migrationspolitik.

Der dritte Kandidat, Sinan Ogan, hat keine Aussicht auf einen Sieg. Gewinnt keiner der Kandidaten in der ersten Runde die absolute Mehrheit, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl.

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Große Sicherheitsbedenken im Vorfeld der Wahl

Der Wahlkampf galt als unfair, vor allem wegen der medialen Übermacht der Regierung. Bestimmendes Thema war vor allem die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation. Erdogan versprach unter anderem eine Anhebung von Beamtengehältern und weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie. Er führte eine aggressive Kampagne, beschimpfte die Opposition als "Terroristen" und äußerte sich feindlich gegenüber lesbischen, schwulen und queeren Menschen.

Außerdem war ein beliebter Oppositionspolitiker nur eine Woche vor der Wahl mit Steinen beworfen worden. Kilicdaroglu trug am Freitag bei einem Auftritt in der Erdogan-Hochburg Samsun eine kugelsichere Weste.

Ergebnisse werden mit Spannung erwartet

Die Ergebnisse werden weltweit, aber vor allem in der EU mit Spannung erwartet. Kaum ein westlicher Politiker dürfte jedoch einen Machtwechsel in der Türkei bedauern, so die dpa. Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind insbesondere seit 2016 schwierig. Damals hatte Erdogan den Putschversuch in der Türkei als Vorwand für eine Einschränkung von Grundrechten genutzt und Journalist:innen und Oppositionelle inhaftiert. Seitdem sind die Beitrittsverhandlungen zur EU und Gespräche über eine Erweiterung der Zollunion auf Eis gelegt.

Eine Wahl Kilicdaroglus gilt als vielversprechend. Mit ihm könnten die Gespräche wieder aufgenommen werden, heißt es aus Brüssel.

Dennoch gilt man in Deutschland noch als zurückhaltend. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Beziehungen tatsächlich gestalten würden. Dies gelte vor allem im Hinblick auf die großen Themen wie die Haltung der Türkei zu Russland, die Durchsetzung von Sanktionen und der Umgang mit Flüchtlingen.

Erdogans islamisch-konservative AKP kam 2002 an die Macht. Ein Jahr später wurde Erdogan Ministerpräsident, seit 2014 ist er Staatspräsident. In seinen ersten Regierungsjahren galt Erdogan als Reformer und sorgte für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Viele seiner eigenen Reformen hat Erdogan inzwischen zurückgedreht. Die regierungskritischen Gezi-Proteste, die sich in zwei Wochen zum zehnten Mal jähren, ließ Erdogan niederschlagen.

Die Parlaments- und Präsidentenwahl hätte regulär im Juni stattgefunden. Erdogan hatte sie aber per Präsidialdekret auf den 14. Mai vorgezogen. Wahlbeobachter der OSZE und des Europarats verfolgen die Abstimmung.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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