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Zorn aufs Gesundheitssystem

Mord an Versicherungschef in Manhattan: Warum Tat und Täter in den USA auch bejubelt wird

  • Aktualisiert: 13.12.2024
  • 10:58 Uhr
  • Joachim Vonderthann

Der Chef eines großen US-Krankenversicherers wird in New York erschossen. Sein mutmaßlicher Mörder hegte offenbar riesigen Groll gegen die Branche - und ist damit nicht allein.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ermordung eines US-Versicherungs-Bosses löst im Netz teils hämische Reaktionen aus.

  • Viele feiern den festgenommenen Verdächtigen für seine blutige Tat mitten in New York.

  • Die Gründe für die Verherrlichung der Todesschüsse liegen in der Unzufriedenheit mit dem US-Gesundheitssystem.

Die Ermordung des Chefs des US-Versicherungskonzern UnitedHealthcare, Brian Thompson, mitten in New York hat nicht nur für Empörung gesorgt. Im Gegenteil. Nur kurze Zeit nach der Tat wurde der Mord bereits im Internet und auf Social Media verherrlicht, wie "zdfheute" berichtet.

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Der festgenommene Tatverdächtige Luigi M. sei als "Held" bejubelt worden. "Das ist also unser Robin Hood", postete dem Bericht zufolge ein User bei Instagram. Auf den Kommentar einer Nutzerin ("Warum wird das gefeiert?") lautete eine Antwort: "Weil das Gesundheitswesen im letzten Jahr 50 Milliarden Dollar an kranken Menschen verdient hat, die ihren letzten Dollar bezahlen."

Solche und ähnliche Einträge zeigen dem Bericht zufolge, wie sich der Zorn auf das US-Gesundheitssystem entlädt, indem die verabscheuungswürdige Ermordung eines Menschen gefeiert wird. Denn anders als hierzulande sei das Gesundheitssystem eher Privatsache. Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten seien gar nicht krankenversichert, so "zdfheute". Zudem sei das System ungemein komplex: Riesige gewinnorientierte Versicherungsunternehmen tummelten sich darin neben gemeinnützigen Firmen und staatlichen Programmen.

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Versicherer müssen Leistungen genehmigen

Ein Hauptproblem: Versicherer müssen die medizinisch angezeigten Leistungen vor der Behandlungen meist erst genehmigen. Schon vor drei Jahren beschrieb Robert H. Shmerling von der medizinischen Fakultät der Harvard Medical School das System dem Bericht nach als teuer, kompliziert, dysfunktional und kaputt. Dadurch werde massive Ungleichheit gefördert. "Das derzeitige US-Gesundheitssystem neigt auf grausame Weise dazu, eine qualitativ hochwertige Versorgung für diejenigen zu verzögern oder zu verweigern, die sie am dringendsten benötigen, sich aber die hohen Kosten nicht leisten können", kritisierte der Experte.

Um ihre Kosten niedrig zu halten, könnten Krankenversicherer von Behandlungen abraten, so Shmerling weiter. Von Problemen, Leistungen genehmigt zu bekommen, berichteten laut einer Umfrage der unabhängigen Kaiser Familiy Foundation 60 Prozent aller befragten US-Amerikaner:innen. Werde eine Behandlung ablehnt, blieben den Menschen nur drei Möglichkeiten, zitiert "zdfheute" den US-Journalisten Nicholas Florko: Entweder vor Gericht die Entscheidung anzufechten oder selbst zu bezahlen. Letzteres bedeute aber häufig, Schulden aufnehmen zu müssen. Und dies lasse so viele Bürger:innen machtlos zurück.

Menschen bekommen nicht die nötige Versorgung

Der erschossene Brian Thompson war Chef von UnitedHealthcare. Der Konzern ist einer der größten Krankenversicherer in den USA. Er hat dem Bericht zufolge 440.000 Mitarbeitende, die einen Jahresumsatz von umgerechnet rund 353 Milliarden Euro einfahren. Laut US-Medien soll das Unternehmen zum Teil aggressive Taktiken anwenden, um die Ansprüche von Versicherten abzuschmettern.

In den Sachen des festgenommenen Verdächtigen Luigi M. entdeckten Polizisten laut Medienberichten ein dreiseitiges, handgeschriebenes "Manifest", das Hinweise auf das mögliche Motiv gebe. In dem Papier werde US-Krankenversicherungen Profitgier zum Nachteil der Patient:innen vorgeworfen.

"Diese Parasiten haben es verdient", steht demnach in dem Papier - und weiter: "Ich entschuldige mich für die Unruhe und das Trauma, aber es musste getan werden."

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UNITEDHEALTHCARE-CEO/
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Der frühere Vizepräsident des Versicherers Cigna, Wendell Potter, ist inzwischen zu einem der größten Kritiker des Gesundheitssystems geworden. Die Häme über die Ermordung von Thompson überrasche ihn nicht. Die Versorgung von Patient:innen würde systematisch verweigert und hinausgezögert und das, obwohl die Beiträge ständig stiegen, sagte Potter zum US-Portal "TMZ". Die Menschen bekämen "nicht die Versorgung, die sie brauchen".

Potter zufolge müssen die US-Bürger:innen begreifen, dass das Gesundheitssystem so schlecht ist, weil es von der Wall Street gesteuert werde. Dass es erst eine Tat wie die Erschießung des Versicherungschefs gebraucht habe, um das Thema wieder in den Fokus zu rücken, bezeichnete der Gesundheitsexperte als traurig.

  • Verwendete Quellen:
  • "zdfheute": "Was Amerikaner einen Mord verherrlichen lässt"
  • Nachrichtenagentur dpa
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