Politisch wie nie?
Bundestagswahl: Wahlbeteiligung so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr
- Veröffentlicht: 24.02.2025
- 15:01 Uhr
- dpa
Deutschlands Wähler:innen haben über die künftigen Machtverhältnisse im Bundestag entschieden. Ein zum Teil polarisierender Wahlkampf scheint mobilisiert zu haben.
Bei der Bundestagswahl 2025 hat es eine so hohe Wahlbeteiligung wie seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Sie lag laut ARD und ZDF zwischen 83 und 84 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Bei der Wahl 1998 war das letzte Mal die 80-Prozent-Marke geknackt worden. Bei der letzten Wahl 2021 hatte die Wahlbeteiligung am Ende bei 76,4 Prozent gelegen.
Das Wahlergebnis
Die Union hat die Bundestagswahl klar gewonnen und dürfte mit Friedrich Merz den nächsten Kanzler stellen (28,6 Prozent). Nach dem vorläufigen Ergebnis kommt die rechte AfD auf Platz zwei (20,8 Prozent). Dahinter folgen die SPD (16,4 Prozent), die auf ein historisches Tief abstürzt, sowie die Grünen (11,6 Prozent). Die Linke ist überraschend stark im Bundestag vertreten (8,8 Prozent). BSW (4,9 Prozent) und FDP (4,3 Prozent) scheitern dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde und verpassen den Einzug ins Parlament. Was das Ergebnis der Bundestagswahl bedeutet, gibt's im Video:
Warum die Wahlbeteiligung so hoch war
Laut Zahlen des Umfrageinstituts Infratest Dimap trugen vor allem die CDU/CSU und die AfD zu der hohen Wahlbeteiligung bei. Beide Parteien konnten demnach ehemalige Nichtwähler:innen von sich überzeugen. So machten 900.000 ehemalige Nichtwähler:innen ihr Kreuz bei CDU oder CSU. 1,81 Millionen von ihnen entschieden sich für die AfD. Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl mutmaßt gegenüber "BR24":
Ein Teil der Nichtwählerschaft geht nicht wählen, weil er von der Politik frustriert ist. Wenn eine Partei dann glaubwürdig eine Anti-Establishment-Politik fährt und sagt, dass die Politik nichts für das Volk tut, kann sie damit punkten.
Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl, "BR24"
Stellt sich noch die Frage, wie die Union bei ehemaligen Nichtwähler:innen punkten konnte? Riedl erklärt sich das mit den Demonstrationen gegen Rechts:
Aktuell gehen so viele Menschen aus Angst vor einem autoritären Staat auf die Straße. Diese starke Bewegung wollen viele nicht. Einige Nichtwähler dürften vielleicht auch deswegen zur Urne gegangen sein, um genau das zu verhindern.
Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl, "BR24"
Migrationskurs der Union maßgebend
Aus Sicht des Wahlforschers Matthias Jung haben die heftigen Debatten über den Migrationskurs der Union im Bundestag alle politischen Lager mobilisiert. Die Proteste gegen die Union seien vor allem auch eine Selbstvergewisserung für entsprechende Wählerschichten, sagte das Vorstandsmitglied der Forschungsgruppe Wahlen der Deutschen Presse-Agentur.
Aber sie erzeugen auch eine Gegenmobilisierung.
Wahlforscher Matthias Jung, dpa
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz stand zuletzt heftig in der Kritik, weil er im Bundestag Stimmen der AfD in Kauf genommen hatte, um seine Vorschläge für einen schärferen Migrationskurs durchzusetzen. In der Folge gingen zuletzt mehrere hunderttausend Menschen in ganz Deutschland auf die Straße, um gegen Rechts und eine Zusammenarbeit mit der AfD zu protestieren.
Nach den Angriffen in Mannheim, Magdeburg und Solingen seien immer die gleichen Diskussionen über Migration geführt worden, so Wahlforscher Jung.
Diejenigen, die sehr sensibel auf Kriminalität durch Migranten oder Asylbewerber reagieren, die sind eben schon längst bei der AfD.
Wahlforscher Matthias Jung, dpa